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[404/405]

zes: „Das Aufgenommene ist im Aufnehmenden nach Weise des

Auf nehmenden

1

. “

Dasjenige Aufgenommene z. B., das der Künstler empfängt, ist in

ihm nach Weise des Künstlers; das Aufgenommene, das der Denker

empfängt, ist in ihm nach Weise des Denkers. Im Aufnehmenden

ist die Zeitlichkeit, im Aufnehmenden auch die Räumlichkeit. Chri-

stus sagt: „Gott läßt seine Sonne scheinen über Gerechte und Un-

gerechte.“ Dieselbe Sonne scheint auf den Stein und erwärmt ihn;

dieselbe auf die Pflanze und belebt sie. So geht es überall zu in der

Welt. Die s c h ö p f e r i s c h e n K r ä f t e d e s S e i n s g r u n -

d e s w i r k e n j e n a c h d e m A u f n e h m e n d e n . Die große

Lebenskunst besteht einzig darin, sich selbst als Organ zum Auf-

nehmen des immer Höheren zuzubereiten.

Nun begreifen wir, die Urschöpfung schafft ohne Mittel, die

Welt ist aus Nichts entstanden. Sie schafft ohne Bilder, ohne / Ge-

danken und Gesichte, denn das wäre nach Art der Vermittlung.

Die Urschöpfung ist Ewigkeit. Gott „denkt“ nicht an die Menschen

im weltlichen Sinne. Darum sagt Eckehart: „Nur an der Seele hängt

Gott

2

.“ Ideen bestehen, aber nicht als Gesichte Gottes. Gott wirkt

nur sich selbst, dadurch muß die Welt entstehen, sich in Vermittel-

barungen, in Entsprechungen ausgliedern. In Gott ist — trotz des

actus purus — keine Ununterschiedlichkeit, in ihm ist die absolute

Fülle der Unterschiede und er könnte (von da aus gesprochen)

nicht nur diese eine, er könnte ungezählte Welten schaffen. Nicht

die Unterschiede in Gott sind es daher, welche die Welt schaffen,

nicht diese Unterschiede sind es auch, welche ihre Geschichte schaf-

fen, wie Schelling darzulegen versuchte und wie jene versuchen,

die aus Vater, Sohn und Geist eigene Weltalter, dem einen und

anderen zugehörig, ableiten möchten. Vielmehr liegt der Plan der

Schöpfung im Wesen des Geistes. Die Unterschiede des Geistes sind

es, deren Fortsetzung, Aufspaltung, Weiterbildung, Entsprechung

in der Welt abgespiegelt wird. Darin liegt ja auch der Zauber der

1

Thomas von Aquino: Fünf Fragen über die intellektuelle Erkenntnis, über-

setzt und herausgegeben von Eugen Rolfes, Leipzig 1924, S. 4 = Summa Theo-

logica, pars 1, quaestio 84. Aristoteles: De anima libri III, II 418 a 3, I 409 b

26, III 429 a 26 ff. und öfters.

2

Meister Eckehart, herausgegeben von Franz Pfeiffer, Leipzig 1857, S. 179,

Zeile 35.