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Geschichtsverlaufes. In seiner Theorie der historischen Spannungen

entwickelte Spann eine wirklichkeitsnahe Dialektik der Geschichte

von reichem Ertrag. In ihrem Rahmen untersucht er die Wirksam-

keit der geschichtlichen Mächte, insbesonders die der großen schöpfe-

rischen Persönlichkeiten.

Drei Merkmale sind es, die ihm diese kennzeichnen: Eingebungs-

kraft, Umgliederungsmacht (Kraft schöpferischer Gestaltung) und

Selbsthingabe (an Werk und Gemeinschaft).

Das völlige Fehlen selbstloser Hingabe kennzeichnet die Gegen-

spieler echten Schöpfertums (die Spann gerne die Unholde nennt).

In ihnen verkörpert sich nur zu oft das Dämonische der Geschichte

und die Macht des Bösen. Sie sind eine Realität, die kein humani-

tärer Optimismus aus der Welt schafft, die bekämpft werden muß.

Zahllos sind die Katastrophen, die sie herbeiführten, ungeheuer das

Leid, das sie über die Menschheit brachten.

Von der durch den Umgliederungszusammenhang bedingten

E b e n b i l d l i c h k e i t historischer Ganzheiten erscheint Spann

besonders jene der Zeitalter, oder Epochen geschichtsphilosophisch

bedeutsam. Er stellt fest, daß jedes Zeitalter von den schöpferischen

Kräften, welche die gesamte Umgliederung tragen, gleich unmittel-

bar durchdrungen ist.“

1

Damit ist ausgesprochen, daß alle diese

Epochen gleich unmittelbar zum letzten Grund der Geschichte (zu

Gott, wie Leopold von Ranke sagte) stehen, aber nicht, daß sie

gleichwertig sind. Ihre Wertigkeit hängt von ihren Leistungen ab, die

wieder durch die Wirksamkeit ihrer schöpferischen Kräfte bedingt

sind.

Eine erst zu leistende Theorie der Zeitalter, deren Prinzipien

Spann entwickelte, wird auch die Problematik „des rechten Augen-

blickes“ (des Kairos) im geschichtlichen Ablauf erhellen können.

Im Schlußkapitel der geschichtlichen Kategorienlehre findet der

Problemkreis: Freiheit, Schicksal und Zufall im geschichtlichen Be-

reich abschließende Behandlung. Spanns Lehre von den neun For-

men personaler Freiheit und den Freiheiten der gesellschaftlichen

Ganzheiten hat trotz ihres reichen Ertrages bis jetzt nicht die ge-

bührende Beachtung gefunden. Mit der Freiheit der Glieder im ge-

1

Siehe oben S. 299.