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Aus der Ausgliederungsordnung der Ganzheitlichen Logik ge-
winnt Spann die Verfahrenlehre der Geschichte. In ihr als einer
Wissenschaft von ganzheitlichen Strukturen und Zusammenhängen
kann nie Erkenntnis durch bloße Verallgemeinerung einzelner
Tatsachen (also durch Induktionen) gewonnen werden, wohl aber
können einzelne Tatsachen als gliedhaftes Anzeichen, als Ausdruck
der zugehörigen Ganzheiten, zu deren Erkenntnis führen.
II.
Geschichtliche Kategorienlehre
In der geschichtlichen Kategorienlehre entwickelt Spann die neun
grundlegenden Kategorien oder Seinsweisen der Geschichte in sy-
stematischem Zusammenhang.
Die tragende Seinsweise alles Geschichtlichen, die Urkategorie
alles Werdens in der Zeit, ist die U m g l i e d e r u n g . In ihr, „dem
unaufhörlichen Zurückgenommen- und Neuausgegliedertwerden“
1
offenbart sich das Leben der geschichtlichen Welt. Sie ist die Quelle
ihrer stetigen Verjüngung.
„Alle Geschichte ist Umgliederung einer Ganzheit: des Staates,
des Geisteslebens, des Volkes, der Menschheit, schließlich der Ein-
zelnen als der Glieder aller dieser und anderer Ganzheiten“
2
.
Vollzieht sich Umgliederung in reiner, wesensgemäßer Weise, so
ist sie v o l l k o m m e n , geschieht sie in wesenswidriger Weise,
verfehlt sie manche ihrer Ziele, so ist sie u n v o l l k o m m e n. Im
geschichtlichen Bereich gibt es keine Vollkommenheit. In ihm tritt
uns ständig Fehlumgliederung in allen Formen entgegen, so daß
Spann von der U n e r s c h w i n g l i c h k e i t (der Unerreichbar-
keit) des Vollkommenen in der menschlichen Welt sprechen muß.
Aus den Fehlumgliederungen, die dem Mißbrauch der Selbstän-
digkeit der Glieder (ihrer Korruptibilität) entspringen, kommt es
zur Spannung zwischen S e i n u n d S o l l e n . Alles Sein aber ist
seinem Wesen, seinem ursprünglichen Ansatz nach vollendet, ist
g e s o l l t e s S e i n . Erst der Mißbrauch der Freiheit der Glieder
verhindert Vollkommenheit, Vollendung in der geschaffenen Wirk-
lichkeit.
1
Siehe oben S. 116.
2
Siehe oben S. 117.