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der idealistischen Geschichtsphilosophie. In ihr greift Spann als er-
ster auf die Geschichtsauffassung der altindischen, iranischen, grie-
chischen und germanischen religiösen Tradition und die Geschichts-
philosophie der deutschen Mystik zurück, ein Rückgriff von hohem
Ertrag. Seine Auseinandersetzung mit der Geschichtsphilosophie des
deutschen Idealismus ist eine problemgeschichtliche Leistung hohen
Ranges. Sie holt nicht nur ein reiches Erbe heim, sondern bildet es
kritisch weiter und macht es fruchtbar.
In dem der Lehrgeschichte folgenden „Rückblick“ werden nach
Erfassen des W e s e n s d e s h i s t o r i s c h e n Geschehens als U m -
g l i e d e r u n g , die entscheidenden Merkmale des Geschichtlichen
erarbeitet. Als solche ergeben sich zeitüberwindende Einheit, Sinn-
bezogenheit (die positiv oder negativ sein kann), Freiheitsraum,
Einmaligkeit (die Wiederholung der Gehalte nicht ausschließt), Per-
sonbezogenheit und seine schöpferischen Impulse.
Die Untersuchung des Ablaufs des historischen Erkenntnispro-
zesses führt Spann in die Tiefe der ganzheitlichen Logik und Er-
kenntnislehre. In ihr wird aufgezeigt, wie verfehlt die Anschauung
ist, daß das Denken aus Sinneserfahrung aufsteigt und aus ihr seine
Begriffe, Ordnungen und Prinzipien ableitet. In allem Denken ist
ganzheitlicher Zusammenhang und ganzheitliche Ordnung eigener
Art wirksam. Erst durch das Denken gewinnt auch die Sinneserfah-
rung ihre Funktion und Bedeutung.
Abstrahieren heißt nicht, wie der Nominalismus aller Schattie-
rungen glauben machen wollte, von etwas absehen, etwas weglassen,
sondern den Bezug zur höheren Ganzheit erkennen und näher be-
stimmen. Begriffsbildung ist Erfassung der Ausgliederungsordnung
der zugehörigen Ganzheit.
Die volle Entfaltung der ganzheitlichen Denk- und Erkenntnis-
lehre brachte erst die „Ganzheitliche Logik“, die dank Walter Hein-
richs unermüdlicher Arbeit 1958 (zehn Jahre nach ihrer Vollendung)
aus Othmar Spanns Nachlaß veröffentlicht werden konnte.
Aber schon in der Lehre von der historischen Begriffsbildung kann
Spann aufzeigen, „daß in jedem Begriff sowohl das Höhere wie das
Niedere mitgedacht ist“
1
, und daß bei jeder Begriffsbildung die zu-
gehörige Ausgliederungsfülle mitwirksam ist.
1
Siehe oben S. 100.