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steht George Berkeleys Lehre, welchem alle Wirklichkeit nur Vorstellung (eng-

lisch: idea, Vorstellung) war, so daß eigentlich die Realität der Außenwelt ge-

leugnet wurde, welche Lehre also bloß „psychologischer Idealismus“ ist. Eine

Leugnung der Wirklichkeit der Welt, „Solipsismus“, ist dagegen Kantens und

Fichtes Lehre nicht, weil der Welt das „Ding an sich“ oder „absolute Ich“ zu-

grunde liegt.

Wesentlich an dem „transzendentalen Idealismus“ bleibt aber, daß alle Er-

kenntnis von Gegenständen nur möglich ist durch eine Eigentat des Ich. Jeder

Gegenstand ist kraft dieser Eigentat m e i n e Empfindung, m e i n G e d a n k e .

Gegenstand (Objekt) an sich ist nicht denkbar, denn ich (das Subjekt) muß ihn

denken. Nur ein Subjekt-Objekt, nicht ein Objekt allein, ist denkbar. Insofern sich

bei Fichte schon der tiefste Grund des Individuellen als „absolutes Ich“ zum Welt-

Ich oder Welt-Geist ausweitet, gibt es auch bei Fichte keinen subjektiven Idealis-

mus. Aber bei Kant wie Fichte und Schelling (in deren Frühzeit) war doch die

Behandlung verschiedener Lehrbegriffe zum Teil subjektivistisch gefärbt. — Weil

von allen diesen Dingen die heutigen Neu-Kantianer nichts wissen wollten (sie

wollten das „Ding an sich“ aus Kantens Denkgebäude hinausreden), w i r d i m

h e u t i g e n S c h r i f t t u m d a s W o r t „ I d e a l i s m u s “ f ä l s c h l i c h

n u r i m S i n n e v o n „ s u b j e k t i v e m I d e a l i s m u s “ o d e r g a r

v o n „ S o l i p s i s m u s “ g e b r a u c h t .

Zur sprachlichen B e d e u t u n g d e s W o r t e s „ I d e e “ im besonderen sei

noch bemerkt, daß es der Geistesgeschichte widerspricht, darunter bloß einen sub-

jektiven Einfall oder Gedanken zu verstehen, eine Bedeutung, die dem Worte

Idee von den Empiristen fälschlich beigelegt wurde, daher in die französische

und englische Sprache, die Sprachen der empiristischen Philosophien, überging

(französisch idée, englisch idea = Vorstellung). — Nicht glücklich war es ander-

erseits auch, daß H e g e l das Absolute, insofern in ihm der geistige Prozeß der

Dialektik als abgeschlossen angeschaut wird, auch mit „I d e e“ bezeichnet. Zu-

gleich heißen „Idee“ bei H e g e l u n d S c h e l l i n g jene beständigen Gestal-

tungen (Gattungen), welche durch die konstruktiven Bedeutungen der dialektisch-

logischen Schritte hervorgerufen werden. — Der K a n t i s c h e Sprach- / gebrauch

dagegen, der unter Ideen „notwendige Vernunftbegriffe“ versteht, denen aber

„kein Gegenstand in den Sinnen gegeben werden kann“ (z. B. Gott), widerspricht

der Platonischen Grundbedeutung nicht grundsätzlich. Die Ideen sind hier immer-

hin höchste Ziele (Postulate) des vernünftigen Denkens. G e i s t e s g e s c h i c h t -

l i c h a l l e i n b e g r ü n d e t i s t d i e o n t o l o g i s c h e B e d e u t u n g

d e s W o r t e s „ I d e e “ u n d „ I d e a l i s m u s “ .

I. Das Grunderlebnis des Idealismus

Die Eingebungsgrundlage oder das, was wir auch das Grunder-

lebnis des Idealismus nennen, ist zunächst am einfachsten im Gegen-

satze zum Empirismus zu kennzeichnen. Überall wo das Endliche

nicht als schlechthin Endliches, das Sinnliche nicht als rein Sinnliches,

das Bedingte nicht als Nur-Bedingtes, das Gegebene und Einzelne

nicht als einfachhin Gegebenes und Einzelnes gefaßt wird; sondern