E r s t e r A b s c h n i t t
Kritik der mathematischen Physik
I.
Mathematische Naturlehre und mathematische
Gesellschaftslehre
Jede Prüfung der neuzeitlichen mathematischen Physik muß
sich dessen bewußt sein, es mit einem folgerichtigen, in sich ge-
schlossenen Begriffsgebäude zu tun zu haben.
Fragt man, woher ich dann den Mut zur Kritik aufbringe? —
so antworte ich, daß es vor allem die Erfahrungen in meinen
eigenen Fachwissenschaften, der Volkswirtschaftslehre und Ge-
sellschaftslehre, sind, die mir diesen Mut geben und mir auch den
Weg zur Kritik, und zwar gerade des „Exakten“, weisen. In der
Volkswirtschaftslehre nämlich wurde fast zweihundert Jahre lang
die Wirtschaft vom Quantitativen her (nämlich der Güter und
Preise) dargestellt. Man brachte es scheinbar bis zu „exakten
Gesetzen“ und sogar bis zu leibhaftigen mathematischen For-
meln, schließlich zu Formelsystemen, auf die man viel Scharfsinn
wendete. Die sogenannten volkswirtschaftlichen Klassiker, fer-
ner Marx, die österreichische und anglikanische Grenznutzen-
schule, dazu die im engeren Sinne mathematische Schule und
überhaupt alle Individualisten sind den Weg des Quantitativen,
des „Exakten“ gegangen. Wer aber dieses Dickicht einmal zu
durchdringen vermochte, weiß, daß nicht nur die Hauptergeb-
nisse aller dieser Schulen, sondern schon ihre ersten Ansätze und
Grundbegriffe / ausnahmslos fehlerhaft sind; daß Verfahren sie
beherrschen, die um der „Exaktheit“ willen stets am Wesentli-
chen vorübergehen müssen, daher lebensfremd sind. Ihr grund-
sätzlicher Mangel besteht, kurz gesagt, darin: daß sie nicht das
Sinnvolle der Gesellschaft und Wirtschaft, nicht die sinnvollen
Zusammenhänge von Leistungen, welche in Wahrheit die Wirt-