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wäre zuzugeben, die Erscheinungen geistiger Art, nämlich in

s i n n v o l l e m Tun der Menschen gegeben, daher einsichtig

verstehbar, das Größenmäßige sei hier allerdings nur ein Ab-

geleitetes. Aber in den Naturwissenschaften? Den sinnvollen

Zusammenhang des Naturgeschehens verstehen wir keineswegs!

Wenn wir etwa mit Aristoteles sagten, daß im freien Falle der

Körper „seinen Ort suche“, so lenkten wir von der strengen

Erkenntnis, z. B. der Auffindung des Fallgesetzes, ab, machten

uns einer Vermenschlichung der Natur schuldig.

Dieser gewiß triftige Einwand reicht indessen unseres Er-

achtens nicht hin, eine nur mengenhafte Betrachtung der Na-

tur zu rechtfertigen. Er reicht nicht hin, aus Abgeleitetem, näm-

lich dem Mengenhaften, ein Ursprüngliches, nämlich das Wesen-

hafte der Natur, zu machen! (Im obigen Einwande ist nämlich

das Mengenhafte als Abgeleitetes schon zugegeben.) Gesetzt

sogar, was wir aber nicht zugeben, wir würden nirgends in das

Innere und den Sinn der Natur vorzudringen vermögen, so bliebe

dennoch, wie wir noch beweisen werden, als Grundtatsache be-

stehen: Mengen und Größen sind nicht das Wesen der Natur

selbst, die rein größenmäßige Darstellung des Naturgeschehens

kann daher zwar von Erfolgen begleitet sein — und muß dennoch

ein grundsätzlich falsches Wesensbild der Natur geben!

/

Wir behaupten also, daß die letzten Grundbegriffe der exakten

Naturwissenschaften dem Wesen der Natur zuwider seien, daß

auch dem Naturleben ein höherer Zusammenhang zugrunde

liege, dessen bloße Äußerung (Anzeiger) erst die größenmäßige

Bestimmtheit der Erscheinungen sei. In Entsprechung zum gei-

stigen Geschehen sind die Größen auch im Naturgeschehen etwas

bloß Abgeleitetes. Es ist unrichtig, die Natur als einen rein größen-

mäßig bestimmten Mechanismus zu behandeln, und noch unrich-

tiger, ihre Wunder aus dem Zusammengeraten von Ur-Teilchen,

sogenannten Atomen und Korpuskeln, zu erklären, das heißt, aus

Stücken zusammenzusetzen. Gegen den Atomismus oder die

Zusammenstückelung der Natur hat schon Goethe eingewendet:

„Das hat sie nicht zusammengebettelt,

Sie hat’s von Ewigkeit angezettelt...“

Mit der „exakten“, „mechanischen“ und „atomistischen“ Auf-

fassung vernichtet die Wissenschaft jedes innere Verhältnis des