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nicht nachträglich zum Raum etwas hinzukommen. Denn wird
der Raum von einem Vorräumlichen aus gefaßt, das sich räum-
lich darstellt, dann ist er weder rein formal noch schlechthin
subjektlos, vielmehr liegt ihm dann ein Subjektartiges, Substanz-
artiges (wenn auch auf vorräumlicher Ebene) zugrunde; er ist
dann auch nicht leer, sondern notwendig mit Eigenschaften er-
füllt, weil er ja erst vermittels der Eigenschaften (die sich ver-
räumlichen) entsteht; er ist als absolut bestimmungslos nicht
denkbar, ist nicht das Unbestimmte, das Apeiron, sondern er ist
stets voller Bestimmtheit und vollendet sich in der G e s t a l t .
Soviel über die Besonderheit unseres Ausgangspunktes, die
durch alle unsere vorangegangenen Untersuchungen fest be-
gründet wurde.
Der Übergang in das Räumliche hat sich uns immer wieder
als ein Sichlosreißen zum Nebeneinander, Außereinander ge-
zeigt. Daher kann die Frage nur darauf hinauslaufen: was dem
Verräumlichen als einem Sichlosreißen logisch vorhergehen, was
ihm vorstehen, ihm zugrunde liegen müsse? Hier treten dem
Nachdenken zuletzt drei Möglichkeiten besonders hervor, die
wir kurz als inneren Zwiespalt, als Setzungsschwäche und als
Selbstbezeugung bezeichnen.
1. Die eine Möglichkeit wäre, daß im immateriellen Wesens-
grunde der Natur ein innerer Zwiespalt, gleichsam ein Hader
bestünde, der die inneren Elemente des Immateriellen in Selbst-
sucht so voneinander triebe, daß sie sich losreißen und nun in
das räumliche Neben- und Außereinander übergehen müßten
(wobei das „Räumliche“ eine Urtatsache bleibt, die wir nur
sinnlich erfahren, aber vom Geiste aus nie nachkonstruieren
können). Daß allerdings dieses Nebeneinander dabei durch Ge-
stalt und Stetig- / keit noch in Einheit und Miteinander ver-
bunden bleibt
1
, beweist: daß der Zwiespalt nicht zur völligen
Trennung, die Selbstvernichtung wäre, gelangte.
Bei dieser räumlichen Trennung, so wäre von hier aus weiter
zu sagen, büßen die den immateriellen Elementen entsprechen-
den, nunmehr räumlich geschiedenen Teile verhältnismäßig an
Eigenleben (an Vita propria) ein. Sie sinken infolge der ge-
schwächten inneren Verbindung zu annähernder Selbstlosigkeit
1
Vgl. oben S. 51ff., 54ff. und 74ff.