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Gestalt“
1
. Meister Eckehart sagt von der Seele in dieser Einigung:
„Gott ist in der Seele mit seiner Natur, mit seinem Wesen und
mit seiner Gottheit, und er ist d o c h n i c h t d i e S e e l e “
2
und „Gott
und sie (die Seele) ist doch das sie ist“ und „Gottes
Natur ist in allem Erschaffenen verborgen“
3
. Wohl ist Wesens-
berührung nur bei Wesensverwandtschaft möglich, aber Berührung
und Verwandtschaft sind noch keine reale Vermischung, kein
reales Aufgeben der Selbstheit.
Diejenigen, welche der Mystik Pantheismus vorwerfen, verwech-
seln teils gewisse bildliche Ausdrücke, teils nachträgliche irrtümliche
Ausdeutungen mit dem Wesen der Sache. Ihrem r e i n e n W e s e n
nach ist die Mystik nicht Pantheismus, obwohl sie freilich die
Gegenwart Gottes nicht nur im Menschen, sondern auch in der
gesamten Natur verkündet; dagegen gibt es wohl eine Gefahr der
n a c h t r ä g l i c h e n A u s d e u t u n g mystischer Erlebnisse.
Diese Gefahr kann sich aber nur in naturalistischen Zeitaltern aus-
wirken und, was im Grund gleichbedeutend ist, in Zeitaltern man-
gelhafter philosophischer Bildung.
Nach mystischer Auffassung muß alles, was aus dem Inneren
des Schöpfers stammt, auch von ihm b e f a ß t bleiben. Es kann
nie völlig in die Verfremdung und Äußerlichkeit hinausgestoßen
werden, wie ein oberflächlicher Schöpfungsbegriff dies annimmt
(der Deismus). Das Geschaffene bleibt im Schöpfer befaßt, aber ohne
er selbst zu sein. Anders gesagt: Der Schöpfer bleibt immer am
Grund des Geschöpfes, sonst verginge es in das Nichts. Der Schöpfer
geht in seinen Geschöpfen nicht unter (wie der Pantheismus meint),
aber die Geschöpfe können ihm auch nicht völlig entfallen (wie der
Deismus behaupten muß). Nur dadurch kann die Welt bestehen und
nicht in das absolute Nichts hinausfallen, daß sie im S c h ö p -
f e r z u g l e i c h i n n e b l e i b e .
Der Theismus, die Lehre vom persönlichen Gott, läßt noch ein
Problem zurück: in welchem Verhältnis nämlich das Geschöpf zu
seinem Schöpfer stehe. Der Schöpfer kann nicht in ihm — pan-
theistisch — untergehen, noch kann das Geschöpf sich ihm —
deistisch — entfremden. Welche andere Möglichkeit gibt es aber?
1
Chandogya-Upanishad, deutsch von Paul Deussen, 8, 2, 3.
2
Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, Leipzig 1857, S. 180, Zeile 39.
3
Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, S. 181, Zeile 1.