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hohen Erfolgen, aber nur einen Plotin; auch im deutschen Mittel-

alter gab es viele, die in der mystischen Er- / fahrung das Höchste

erreichten, aber nur einen Meister Eckehart. Warum? Nur Plotin

und Meister Eckehart hatten unter allen diesen das Genie des

Philosophen von Haus aus mitgebracht. Ähnlich würden ja auch

nicht alle Musiker, welche in mystischen Übungen Erfolge erlangen,

dadurch zu einem Bach oder Mozart werden.

Und wie der Mystiker der besonderen Begabung nicht entraten

kann, so auch durchaus nicht der B i l d u n g , weder allgemeiner,

noch der Fachbildung. Das braucht nach dem Bisherigen wohl nicht

weiter ausgeführt zu werden.

Dies dünkt uns eine wichtige Feststellung, denn sie bewahrt vor

dem Irrtum, als wäre nun schon jeder echte Mystiker auch ein

großer Weiser, der durch Himmel und Erde blickt. Im Sinn der

Entwicklung einer L e h r e trifft dies aber nicht zu. Die Mystiker

unterliegen den Zufällen und Schwächen der menschlichen Natur,

sie bleiben von ihrer bestimmten B e g a b u n g abhängig, wenn

auch, wie gesagt, ihre ganze Geisteslage durch die mystischen

Übungen und Erfahrungen gehoben und gefestigt wird. Sie können

keinem Atheismus anheimfallen, weil sie des Übersinnlichen gewiß

sind, sie werden kraft ihrer Unmittelbarkeit die menschliche Seele

ganz anders durchschauen als der gewöhnliche Mensch, sie werden

Kunstwerken ganz anders gegenüberstehen als dieser, sie werden

das Urlebendige der Natur unmittelbar spüren; sie werden auch

die gewöhnliche Sinnlichkeit anders beurteilen und in tausend Fällen

frei über dem Leben stehen. Im übrigen aber erhalten sie damit

weder alle Gaben zum Geschenk, noch auch sind sie des Studiums

der Wissenschaften und Künste, der Bildung, noch der Übung in

der Liebe enthoben!

Daraus erkennen wir den schwierigen Stand, welchen z. B. jene

indischen Yogin haben, die ohne sonderliche Bildung durch eine

überlieferte, wohlerprobte V e r s e n k u n g s t e c h n i k zu hohen

Stufen mystischer Erfahrung aufsteigen. Es fehlen ihnen entweder

die philosophischen Gaben oder die in der geschichtlich gegebenen

Kultur bereitliegenden geistigen Mittel, das heißt die Kenntnisse,

die Bildung, besonders die ausgebildeten philosophischen Begriffe,

um ihre Erlebnisse gültig zu deuten und der Welt darzustellen,

oder beides! Daher manche Erzeugnisse dieser Yogin so sehr ent-