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täuschen, ja ganze Richtungen, so z. B. manche bud- / dhistischen

Mystiker, welche sogar auf fast nihilistisch scheinende Abwege ge-

raten können. Dazu kommt das Ungesunde gewaltsam erzeugter

Ekstasen überhaupt.

Sind es schon von Anbeginn nur wenige, welche zu mystischen

Erfahrungen gelangen können, so sind es unter diesen wieder noch

wenigere, welche ihre Erlebnisse philosophisch-religiös wie ethisch

so zu deuten vermögen, daß sie auf den Gang der Kultur Einfluß

nehmen. Es erwachsen zwar ausschließlich aus der Mystik die Reli-

gionsstifter, die großen Philosophen und Sittenlehrer, aber es sind

nur einzelne, denen diese ungeheure Aufgabe zu lösen bestimmt ist.

Die verhältnismäßige Seltenheit der mystischen Begabung an sich

hat noch manche andere Folgen für die Religionsgestaltung, von

denen wir hier nur die Trennung des E s o t e r i s c h e n u n d E x o -

t e r i s c h e n hervorheben, welchem wieder die Trennung von

E i n g e w e i h t e n u n d N i c h t e i n g e w e i h t e n entspricht,

woraus geschichtlich schließlich die von P r i e s t e r n u n d L a i e n

wird

1

.

Wie das mystische Leben aussieht, wenn es in die Breite geht und dann

unvermeidlich auch philiströse Züge annimmt, zeigt die Geschichte gar mancher

S e k t e n . Besonders lehrreich ist der Roman „ A n t o n R e i s e r “ , welcher

die Selbstbiographie des Verfassers K a r l P h i l i p p M o r i t z enthält

2

. Trotz

aller Schwächen ist ein von solchen Grundsätzen beherrschtes Leben dem Nihilis-

mus von 1789 und heute allerdings noch unendlich überlegen, wie unter anderem

die Selbstbiographie J o h a n n H e i n r i c h J u n g - S t i l l i n g s zeigt.

IV. Das mystische Innewerden Gottes

Nicht nur die naturalistische Religionsgeschichte, Völkerkunde

und Soziologie, sondern auch christliche Theologen leugnen es, daß

die mystischen Erfahrungen des Menschen die wahre Wurzel, die

alleinige ursprüngliche Quelle des Gottesglaubens seien. Schon unsere

bisherigen Nachweise aber zeigen, daß die Mystik es ist, welche

das Tiefste und Lebendigste der Religion begründet und erhält.

Und es darf auch als eine geschichtliche Tatsache bezeichnet werden,

daß ohne immer erneuerte mystische Erfahrungen der Menschen

jede, auch die schon entfaltete Religion verdorrt, wie ein Baum,

dessen Wurzeln starben.

1

Mehr davon unten S. 234 ff. und öfter.

2

Karl Philipp Moritz: Anton Reiser, Leipzig 1785—1790.