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welcher die Unsterblichkeitsüberzeugung zuerst fließt, die mystische.
(Dabei sei von Geister- und Spukerscheinungen als umstritten hier
abgesehen.)
Das Unsterblichkeitsbewußtsein ist eine besonders reiche Quelle
religiöser Konkretisierungen, aus der sich vieles in den geschicht-
lichen Religionen dem Verständnis erschließt:
(a)
Indem sich die Menschen unsterblich wissen, entsteht ein be-
stimmtes Verhältnis zu den Toten, welches in einer V e r e h r u n g
d e r T o t e n zum Ausdruck kommt. Damit sind vielerlei religiöse
Bräuche und Pflichten geschaffen. (Zum Teil fallen sie unter den
Begriff des K u l t e s , den wir später behandeln.)
(b)
Die Totenverehrung ist aber nur ein Mindestmaß religiöser
Erscheinungen, die aus dem Unsterblichkeitsbewußtsein folgen.
Werden die Toten als die Gesamtheit einer Ahnenreihe festgehalten,
so entsteht damit nichts Geringeres als der Z u s a m m e n h a n g
e i n e r ü b e r s i n n l i c h e n M e n s c h e n g e m e i n s c h a f t
m i t e i n e r n o c h i r d i s c h l e b e n d e n G e m e i n -
s c h a f t , der Gesamtheit der Ahnen mit der Gesamt- / heit der
Lebenden einer Sippe oder eines Stammes. Hiermit kann sich die
Totenverehrung zum A h n e n d i e n s t erweitern, welcher wieder
einen so großen Raum in einer Religion einnehmen kann, daß man
von A h n e n r e l i g i o n e n sprach, wenn auch nur ungenau, da
keine Religion im Ahnendienst völlig aufgeht.
(c)
Der Ahnendienst kann aber wieder noch weitere Folgen
haben: Sippe und Stamm blicken in der Reihe der Ahnen schließlich
auf den letzten Stammvater zurück, welcher damit zum halbgött-
lichen H e r o s oder geradezu zum G o t t werden kann. Dadurch
kann die Ahnenverehrung zugleich zu einer Götterverehrung wer-
den.
(d)
Durch die Verehrung eines von den Göttern abstammenden
Urahnen wird zuletzt das g a n z e V o l k v e r g o t t e t : Jeder
Germane stammt zuletzt von Wotan, jeder Grieche von Zeus oder
einem anderen Gott. Von den führenden Adelsgeschlechtern wurde
dieser Glaube dort noch in geschichtlicher Zeit gepflegt. Der Begriff
der Nation, welcher der modernen Welt nur durch die Einheit der
Kultur, Sprache, Geschichte, zum Teil auch der Abstammung be-
gründet ist, ist auf diese Weise in der alten Welt ein religiöser.