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B. G e w a l t t ä t i g e r G l a u b e n s e i f e r

Wo der Glaube in gewalttätigen Eifer oder religiösen Fanatismus

ausartet, muß zuletzt eine Schwäche des religiösen Empfindens der

Grund sein. Es ist bezeichnend, daß das religiöseste Land der Welt,

Indien, auch das Land höchster Duldsamkeit in Sachen der Reli-

gion ist.

Jene Veräußerlichung des religiösen Handelns, welche man reli-

giösen Fanatismus nennt, sucht ihren Vollzug des Rückverbunden-

heitsbewußtseins nur in ganz bestimmten religiösen Handlungen

oder Lehrmeinungen oder Gemeinschaftsbildungen — das ist in

Kirchen, Sekten — und verwirft damit praktisch die freie Inner-

lichkeit der Religion und Religionsübung. Die hohe Tugend der

religiösen Duldsamkeit, welche dem Vollzug des Rückverbunden-

heitsbewußtseins freien Spielraum läßt — je nach den Grenzen,

welche die jeweilige Religion ihrem Wesen nach ziehen muß —

fehlt ihm. Sinnlose, aus Haarspaltereien entstandene G l a u b e n s -

s p a l t u n g e n , K e t z e r v e r b r e n n u n g e n und alle anderen

Arten von G l a u b e n s v e r f o l g u n g e n oder sogar G l a u -

b e n s k r i e g e — sie alle sind als Formen eines solchen leeren

Fanatismus Zeichen mangelnder religiöser Innerlichkeiten und

Sicherheit.

Aus diesem Grund gehört dem religiösen Fanatismus auch an,

was sich als leeres, äußeres Handeln darstellt, nämlich: der einseitige

R i t u a l i s m u s , der starre N o m i s m u s (Gesetzlichkeit, Ge-

setzesreligion) und der E r g i s m u s, Werkhaftigkeit, das ist

Werkheiligkeit — bei welchen allen es an der nötigen Innerlich-

keit fehlt und überall der Wert ausschließlich auf das Äußere, auf

den formellen Vollzug, sei es des Ritus, des Gesetzes, des Werkes

gelegt wird.

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Religionsgeschichtlich sind gerade diese Entartungen besonders

wichtig. Denn aus der übersteigerten, krankhaften Wertschätzung

des relativ Sekundären, des Ritus, Gesetzes, Werkes, sind auch alle

jene oben hervorgehobenen, unnatürlichen Opferdienste mit ent-

standen: die grausamen und zügellosen Orgien, die Kinder- und

Menschenschlachtungen, die Tierdienste, die blutigen Opfer zur

Ehre der Gottheiten oder Dämonen in so vielen alten Religionen.

Zum Teil muß man hier geradezu von S a t a n i s m u s sprechen.