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[282/283]

mit verbundene Trübung der Sagen, Kulte und Ritualien. Hierher

gehören auch die Entartungen aus exoterischen Bildern.

6.

Endlich kommen hier noch die grundsätzlichen Fehlformen

des Gottes b e g r i f f e s hinzu, die sich in allen Religionen als

deistische oder als pantheistische, ferner als rationalistische oder

irrationalistische Übertreibungen finden können.

A.

G l a u b e n s s c h w ä c h e u n d U n g l a u b e

Wenn der Vollzug des Rückverbundenheitsbewußtseins nur sehr

schwach ist, so daß er vom Lärm der Welt und vernünftelnden

Meinungen überschattet wird, dann haben wir Glaubensschwäche

oder sogar — formell gesehen — Unglaube, Atheismus vor uns.

Gänzlich kann aber in Wahrheit das Rückverbundenheitsbewußtsein

nicht fehlen (selbst der geistesschwache Mensch, und gerade er, lebt

in gewissermaßen traumhaften, ekstatisch-natursichtigen Zustän-

den). In jedem Selbstbewußtsein ist notwendig auch eine Spur von

Rückverbundenheitsbewußtsein,

von

Übersinnlichkeitserfahrung

mit eingeschlossen, insbesondere auch schon im G e w i s s e n , wel-

ches selbst in der schwächsten Form einen transzendenten Zug

bewahrt. Daher kann das Übersinnlichkeitsbewußtsein, der Glaube,

zwar äußerst geschwächt, verdunkelt, abgelenkt, namentlich auch

durch verschiedene Fanatismen nach Art des Vernunftkultus der

französischen Revolution, welche man mit Recht „Religionsersatz“

nannte, überdeckt werden, aber nicht gänzlich fehlen.

Der Unglaube ist daher, genau genommen, stets G l a u b e n s -

s c h w ä c h e , Kleinglaube, das ist eine nur dumpfe Berührtheit

des menschlichen Herzens vom Transzendenten. Alles, was sonst

das Übersinnliche im Menschen erweckt: die Schönheit und das

geheime Leben in der Natur, die Erhabenheit des Sternenhimmels,

die Erschütterung der Musik, Poesie und bildenden / Kunst, das

Rätselvolle der menschlichen Geschichte, die dunkle Mahnung des

Todes — es vermag den Kleingläubigen nicht aufzurütteln.

Aus solcher Unerwecktheit entstehen entweder die r e l i g i ö s e

G l e i c h g ü l t i g k e i t oder, wenn der religiöse Brauch doch

äußerlich geübt wird, die F r ö m m e l e i anstelle der Frömmigkeit,

die S c h e i n h e i l i g k e i t u n d H e u c h e l e i anstelle echter

religiöser Hingebung, ja sogar das Gegenteil: die Religionsfeind-

schaft, die bis zum S a t a n i s m u s ausarten kann.