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weiß er nicht mehr, was er wollte, welches Buch er zu entnehmen
habe: Die Selbstsetzungs- und -entgegensetzungskette wurde unter-
brochen, die Dasselbigkeit der Gedanken ging verloren. Noch deut-
licher tritt das in schwer patholo- / gischen Fällen in Erscheinung.
Ein Gefängnispfarrer erzählte, es sei in einer Schwachsinnigen-An-
stalt nach einer von ihm gehaltenen Predigt ein Schwachsinniger
hocherregt zu ihm gekommen und habe ihm gesagt: „Herr Pfarrer,
ich betete auch einmal Vater . . . “ — dann stockte er, stammelte und
vermochte den Satz nicht mehr zu Ende zu bringen. Der Sinn war,
er habe auch einmal das Vaterunser beten können. Hier riß die
Kette des Denkens, das ist des Selbstsetzens und Selbstentgegen-
setzens nicht nur ab, sondern sie vermochte auch nicht mehr an-
geknüpft zu werden, während der ratlos vor dem Bücherschrank
Stehende sie unschwer wieder anknüpfen kann: Er macht die Ab-
lenkung, welche den Fortgang seiner Setzungen unterbrach (das
heißt, er „dachte an etwas anderes“) wieder rückgängig, setzt den
früheren Gedanken wieder, die Dasselbigkeit der Kette ist her-
gestellt. Eine noch schwächere und für die Logik eigentlich erst wich-
tige Ablenkung (Unstetigkeit der Setzungs- und Entgegensetzungs-
fortgänge) liegt dann vor, wenn unvermerkt in eine andere Bedeu-
tung, verführt durch Sprach- oder andere Ähnlichkeiten, über-
gegangen wird. Die oben angeführte Gleichsetzung von Cajus, dem
Studenten, der ein „Fuchs“ ist, mit dem gleichnamigen Tiere ist ein
Beispiel dafür. Solche und ähnliche Fehler heißen in der Logik qua-
ternio terminorum, Übergang in ein anderes genus. Auch die all-
bekannte „Tautologie“, z. B. die „Erklärung der Armut aus der
pauvreté“, beruht auf nichts anderem als auf dem Abreißen der
Selbstsetzung, dem „Vergessen“ dessen, was man soeben, im Sub-
jekte, sagte und daher im Prädikate in anderer Form wiederholte.
b . D i e M i t g e d a c h t h e i t
Hier wiederholt sich das gleiche, nur daß der Fehler nicht in Na-
men und / Form des Subjektes des Satzes, sondern im Mitzuden-
kenden liegt. Das zeigt gerade das Beispiel des Cajus, bei welchem
die mitzudenkenden Eigenschaften eines jungen Studenten eben
nicht festgehalten, nicht mitgedacht wurden! Einerleiheit und Mit-
gedachtheit beruhen auf demselben Fehler, nämlich der Unstetig-
keit in der Setzungsfolge, nur daß der Schwerpunkt im einen Falle