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In der ganzheitlichen Logik kann die Verfahrenlehre nicht jene
von Begriff, Urteil und Schluß (als der sogenannten „Elementar-
lehre“) abgesonderte und daher meist geradezu klägliche Rolle spie-
len wie in der überkommenen formalen Logik. Da Begriff, Urteil
und Schluß die logischen Formen schlechthin sind, sind sie auch zu-
gleich die Formen des Verfahrens.
Es scheint uns geradezu ein Merkzeichen wahrer Logik zu sein,
daß die Verfahrenlehre in den Lehrbegriffen von Begriff, Urteil
und Schluß überall schon v o r g e b i l d e t sind, demnach nichts
grundsätzlich Neues in der Verfahrenlehre zur Entwicklung kommt.
Die Verfahrenlehre führt nur weiter aus und zu Ende, was die Be-
griffs-, Urteils- und Schlußlehre bereits begann.
Demgemäß muß der Logik auch das Amt zukommen, den ein-
zelnen Wissenschaften für ihre Verfahrenfragen die Grundlagen zu
liefern. Bisher aber ließ die Logik sie dabei gänzlich im Stiche! Ich
erinnere nur an den langjährigen Verfahrenstreit in der Volkswirt-
schaftslehre, der zwischen der geschichtlichen und der Grenznutzen-
schule (Schmoller und Menger) bestand. Die Logik wußte dazu gar
nichts zu sagen, und auch in ihrer letzten, verhältnismäßig reichsten
Form, der Windelband-Rickertischen Begriffsbildungslehre, konnte
sie nur erklären: Die Volkswirtschaftslehre könne sowohl theore-
tisch, „nomothetisch“, wie auch geschichtlich betrieben werden, wo-
mit der Streit natürlich nicht geschlichtet war. Überdies war dieser
Richterspruch nach der theoretischen Seite hin insofern falsch, als
die Wesensgleichheit der theoretischen Volkswirtschaftslehre mit
der naturwissenschaftlichen Theorie, den Gesetzesbegriffen der Phy-
sik, behauptet wurde. Gerade gegen solche / Bestrebungen der volks-
wirtschaftlichen Theorie seit Smith richtete sich aber aus einem gu-
ten Instinkte die geschichtliche Schule mit vollstem Rechte. (In
Wahrheit ist die Wirtschaftstheorie ganzheitlich, nicht mathematisch-
mechanistisch.) Und wie hier, so überall! Die formale Logik wußte
den Einzelwissenschaften in ihren verfahrlichen Nöten nichts zu
sagen.
Auch in der Seelenlehre ergaben sich Gegensätze zwischen der rein
naturwissenschaftlichen, mechanistischen Auffassung des Verfahrens,
wie sie die Assoziationslehre erstrebte, einerseits und einer nicht-
naturwissenschaftlichen, die sich unbeholfen genug „zergliedernde“
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