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Daß es eine eigene Lehre Eckeharts überhaupt gebe, wird nicht

durchaus anerkannt. So sagt z. B. R u d o l f E u c k e n in seinem

berühmten Buche „Die Lebensanschauungen der großen Denker“

von Eckehart, den er als einen „großen Zauberer des Wortes“ rühmt:

„In seiner Lehre will er sich nicht von der Scholastik und Thomas trennen,

und auch seine Mystik bietet dem, mit den geschichtlichen Zusammenhängen

Vertrauten kaum etwas Neues (!); sie enthält dieselbe Verwebung logischer Ab-

straktion und religiösen Gefühles, die seit Plotin unzählige Gemüter beherrschte;

ihr droht dieselbe Gefahr, mit der Abstreifung aller Besonderheit auch allen

Inhalt einzubüßen und ins Gestaltlose zu fallen“

1

.

Solche und schlimmere Ablehnungen ließen sich noch viele an-

führen. D e n i f 1 e , der als Entdecker der lateinischen Schriften

Verdienste hat, scheute sich sogar nicht, Meister Eckehart einen

„Wirrkopf“ zu nennen. Das muß man leider als einen Aufstand

derselben geistigen Unterwelt, welche den großen Meister seinerzeit

zu Fall brachte, hinnehmen und mag es von da aus begreiflich fin-

den. Bedauerlicher scheint es aber, wenn selbst ein Meister der Kir-

chengeschichte wie A l b e r t H a u c k sich der Meinung, Eckehart

biete nichts Eigenes, nicht entziehen kann. Er sagt:

„Soviel Eckhart von Scholastik und Mystik gelernt hat, die beherrschenden

Gedanken verdankte er weder dieser noch jener. Sie sind auch nicht sein Eigen-

tum. Fragt man, woher er sie entnahm, so ist die Antwort... ; aus dem Neu-

platonismus“

2

.

Diese falsche Auffassung ist so verbreitet, daß ihm sogar Verfas-

ser, die Eckehart hoch einschätzen, „monistische Immanenzlehre“,

das will sagen (neuplatonischen) Pantheismus, vorwerfen

3

.

Bei solchen und ähnlichen Ansichten brauchen wir uns aber hier

nicht aufzuhalten, da sie im folgenden von selbst widerlegt werden.

Es wird sich vor allem zeigen, daß Eckehart wie jeder große Mysti-

ker zuletzt nur aus seinem eigenen Erleben schöpfen und das Erlebte

auch nur aus seinem eigenen Denken deuten konnte.

Dennoch ist an solchen Meinungen, wie sie Eucken, Hauck und

viele andere äußerten, etwas Wahres: es pflegt nämlich der große

1

13. u. 14. Aufl., Berlin und Leipzig 1919, S. 252.

2

Kirchengeschichte Deutschlands, V. Teil, Leipzig 1920, S. 280.

3

So Adolph Lasson bis zuletzt. Siehe § 47 in: Überweg-Baumgartner: Grund-

riß der Geschichte der Philosophie, Berlin 1915, Bd II, S. 643. Auch sagt Lasson

(S. 637), Eckhart wäre „fast in allen Punkten“ von den „Lehren früherer, ins-

besondere (von) dem Pseudo-Areopagiten, Augustin, Thomas, (dem) Liber de

causis und Proklus“ abhängig!