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Mystiker, und Eckehart im besonderen, der Errichtung eines Be-

griffsgebäudes keine Sorgfalt zu widmen. Dies, wie schon früher

gesagt, aus dem einfachen Grunde, weil sein ganzes Streben auf die

Hinleitung zum inneren mystischen Erleben selbst gerichtet ist, das

Begriffliche daher keine besondere Anteilnahme mehr findet!

Das bedeutet jedoch nicht, daß es an begrifflichen Bestimmungen

der inneren mystischen Erfahrung wirklich fehlte. Im Gegenteile, es

finden sich viele und durchdringende begriffliche Auseinandersetzun-

gen in Eckeharts Werken; nur daß es dabei selten auf die begriff-

lichen Z u s a m m e n h ä n g e , auf ein Begriffs g e b ä u d e ab-

gesehen ist, vielmehr auf die mystischen Zustände selbst! Der

Schlüssel für diese Sachlage der „Abhängigkeit“ liegt darin: wo es

sich um die mystischen Grunderlebnisse handelt, wendet Eckehart

seine ganze Denkerkraft zur Bestimmung des innerlich Erfahrenen

an; wo es sich dagegen um abgeleitete Begriffe und gar um äußer-

liche Tatsachen handelt, folgt er einfach den überkommenen Be-

griffen, nämlich der scholastischen Lehre seiner Zeit, dem Thomis-

mus, noch mehr aber dem Augustinismus oder Platon und Aristo-

teles.

Überall, wo es dem Meister um das ursprüngliche Gut des heim-

lichen Lebens der Seele geht, zeigt er sich als einer der größten Den-

ker aller Zeiten; überall aber, wo es sich um Abgeleitetes handelt,

bringt er nicht die nötige Anteilnahme auf und übernimmt daher

off das Vorgefundene Geistesgut. Dies ist kein Widerspruch, sondern

aus dem Wesen der Sache zu erklären.

Wenden wir uns der D a r s t e l l u n g der Lehre Eckeharts

selbst zu, so ist es nach dem Gesagten klar, daß wir auseinander-

zuhalten haben: erstens das mystische Erlebnis als die Wurzel von

allem; zweitens das Begriffsgebäude selbst, bei welchem es wieder

gilt, den formellen A n f a n g s b e g r i f f , von dem sich alles

weitere ableiten läßt, zu suchen.

Dies wird aber nicht nur von jenen mißachtet, die, wie Eucken,

Eckehart mißverstehen, sondern auch von jenen, die ihn aufbauend

behandeln und seinen Gedanken liebevoll nachgehen. Die Darstel-

lung der Lehre litt bisher daran, daß man den Begriffszusammen-

hang bei Eckehart nicht herzustellen vermochte. Lasson suchte eine

Anweisung bei Eckehart selbst und glaubte sie in der Stelle zu fin-

den: „Wenn ich predige, so pflege ich zu sprechen von Abgeschie-