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bestimmt das „Geschmacksurteil“; vielmehr handelt es sich beim

Schönen um übersubjektiv gegebene Tatbestände. Die Eingebung

des schaffenden Künstlers ist es, welche sie erschließt, und die Fähig-

keit des Kunstgenießenden, die Eingebung in sich nachzuerzeugen,

welche das Innewerden des Schönen bedingt. Diese Fähigkeit kann

man als „Eingebungsnähe“ bezeichnen. Damit ist die Aufgabe der

philosophischen Kunstlehre abgeschlossen.

Aus all dem Gesagten ergeben sich noch F o l g e r u n g e n , von

denen wir hier als wichtigste nur folgende hervorheben:

5.

Durch den Begriff der R ü c k v e r b u n d e n h e i t wird

nun der Grundgedanke der idealistischen Kunstphilosophie von

Platon und Plotin bis Schelling und Hegel in bestimmterer Weise

als je bisher begründet: die Zurückführung des Schönen auf einen

ü b e r s i n n l i c h e n Grund! Zuletzt gibt es nur ein untrüg-

liches Merkzeichen echter und hoher Kunst, die metaphysische Er-

griffenheit, in welche sie uns versetzt. Das Rückverbundenheitsbe-

wußtsein erklärt uns dieses. Aber schon die Eingebung gibt uns

Kunde von einer höheren Welt, den Ideen als den gestaltenden

Mächten des Lebens. Daher hohe Kunst stets in die Nähe der Reli-

gion gerückt ist.

Vollkommenheit und Unvollkommenheit der Eingebung und

Rückverbundenheit zeigt sich an der Höhe der Ubersinnlichkeit des

Schönen.

6.

Mit dem Dargelegten, besonders auch dem übersinnlichen Ge-

präge der Kunst erweist sich die Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit

und Arteigenheit des Schönen gegenüber dem N ü t z l i c h e n und

sinnlich Angenehmen; aber auch gegenüber dem W i s s e n u n d

d e m S i t t l i c h - G u t e n sowie gegenüber dem R e l i g i ö s -

M e t a p h y s i s c h e n .

Zugleich ist indessen auch die innige Verwandtschaft der zuletzt

genannten Gebiete mit der Kunst erklärt. Denn allen liegt dieselbe

Eingebung zugrunde. Da aber die Kunst das in der Eingebung Emp-

fangene gestaltet, während die Wissenschaft es vergegenständlicht,

trennen sich Schönheit und Wahrheit, Kunst und Wissenschaft.

Infolge der hier hervortretenden Grundstellung der Gestalt ho-

ben wir die Notwendigkeit ihrer Vollkommenheit, nämlich ihrer

„Ebenbildlichkeit“, schon in der Begriffsbestimmung hervor (wäh-

rend sonst die Schwankung zwischen Vollkommenheit und Unvoll-