I. Der Begriff
Seit Kants klassisch gewordener Begriffserklärung „Schön ist, was
uninteressiert gefällt“ und „ohne Begriff“ gefällt, spielte das Gefal-
len am Schönen eine wechselnde Rolle in der Kunstphilosophie. Von
dem auf Kant folgenden Idealismus Fichtes, Schellings, Hegels und
Baaders wurde das Schöne als Einerleiheit des Unendlichen und End-
lichen, als Darstellung des Absoluten im Sinnlichen erklärt; und
von „Gefallen“ war nicht die Rede mehr. Mit Recht! Gab es ja auch
ein Gefallen an der Wahrheit und am Guten, von welchem in deren
Begriff keine Rede war; genauer gesagt, es wurden diese Begriffe
bestimmt, ohne die s e e l i s c h e n Vorgänge, die beim Erkennen
des Wahren und Tun des Guten ins Spiel kamen, überhaupt zu
erwähnen.
Wurde z. B. die Wahrheit, wie es seit Platon und Aristoteles
zumeist geschah, als Übereinstimmung des Begriffes mit seinem
Gegenstande erklärt; dann stehen die seelischen Vorgänge, welche
zu solcher „Übereinstimmung“ führen (bestehend im „Vergleichen“
von Begriff und Gegenstand), gar nicht zur Untersuchung.
Anders die nachhegelische, materialistische Zeit, in der wir noch
heute stecken. Sie verstrickte sich bald in das S e e l e n k u n d -
l i e h e des „Gefallens“, das Kant nur nebenher erwähnte, und
geriet dann vollends in S u b j e k t i v i s m u s u n d R e l a t i -
v i s m u s (den gerade Kant überwunden hatte). So ist es erklärlich,
daß man das Schöne schließlich nur in solchen Vorgängen des „Gefal-
lens“ finden wollte, vor allem in der „Einfühlung“ oder gar in der
„Illusion“ und mittelbar in biologisch mitbedingter „Lust“.
Unsere Begriffsbestimmung gehört dem Objektivismus an. Denn
die Eingebung erfaßt das Objektive, Wesenhafte des Gegenstandes;
und ebenso die Rückverbundenheit (und dieses Objektive ist es,
das gestaltet wird).
Die objektive Gegebenheit des Eingebungsinhaltes ist auch die
Grundlage und Bürgschaft der künstlerischen Wahrheit.