Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8995 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8995 / 9133 Next Page
Page Background

275

die Größten Bach, Händel, Mozart und Beethoven; weiters auch

noch Schubert und Bruckner. Für die Baukunst werden immer

wieder die griechischen Tempel, die die Harmonie der Sphären aus-

drücken, und die Gotik herangezogen.

Bei allem Richtigen und Überzeugenden, das diese Beispiele ent-

halten, stellen sie jedoch — wie könnte es anders sein — nur einen

Ausschnitt aus dem Kunstschaffen der Welt dar. Bei den Beispielen

aus der griechischen Literatur vermißt man Hinweise auf die grie-

chische Lyrik. Natürlich sind Goethe und Schiller und auch die

Romantik wahre Fundgruben für jeden, der sich mit kunstphilo-

sophischen Fragen beschäftigt. Obwohl Spann selber gelegentlich

gewisse Vorbehalte gegenüber der deutschen Romantik macht, sieht

er jedoch, wie es scheint, nicht die Tatsache, daß diese hohe geistige

Bewegung eine Endphase darstellte, die sich schließlich aus eigener

Schwäche dem Verfall preisgegeben sah. Es ist nicht so, daß die

Romantik nur deswegen gescheitert wäre, weil im Neuen Deutsch-

land, im aufkommenden Realismus und Naturalismus usw. eine Welt

fragwürdigen Charakters gegen sie aufgestanden ist. Ihr selber fehlte

schließlich die tiefgreifende Substanz, und es haben daher Autoren

wie Wladimir Weidlé mit Recht darauf verwiesen, daß die Romantik

endlich keinen Stil mehr darstellte

5

.

Das Schöne ist allein dann auch „angenehm“ (das heißt nützlich,

jedoch nicht notwendig), wenn es vom Eingebungsgehalt und der

Gestaltung her schön ist. Jedenfalls ist aber das Angenehme nicht

gleich dem Schönen; es kann es jedoch sein. Das Wahre kommt dem

Wissen und der Erkenntnis zu; das Schöne der Kunst. Dennoch ist

hier keine genaue Entsprechung gegeben, denn der Wahrheit steht die

Unwahrheit diametral gegenüber. Das Schöne, wie es Spann begreift,

da es nicht das Ästhetische ist, sondern der vollen Annahme der

Eingebung und weiters der adäquaten Gestaltung entspricht, kann

durchaus im landläufigen Sinne „unschön“ sein. Damit hängt zusam-

men, daß die Gestaltung immer eine sinnbildliche ist. Zum Ver-

hältnis des Schönen und des sittlich Guten zueinander ist festzu-

halten, daß alles, was auf das vollkommen Schöne und die Kunst

5

Wladimir Weidlé: Das Schicksal der modernen Kunst, Luzern 1937, S. 91 ff.