Table of Contents Table of Contents
Previous Page  9010 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 9010 / 9133 Next Page
Page Background

290

binden“ des (künstlerisch oder denkerisch) Auseinandergelegten in

der Eingebung. Denn die Gestalt muß dieser ebenbildlich sein. Dazu

bedarf es noch eines beständigen Strebens nach Vollkommenheit und

Wiedervervollkommnung, des s i t t l i c h e n Bewußtseins.

Dabei unterscheiden sich Kunst und Wissenschaft, was festzuhalten

hier von Bedeutung ist, nicht grundsätzlich. Nur liegt der Schwerpunkt

bei dieser im Zergliedern, bei jener in der Gestaltung. Und beide brau-

chen wie alles geistige Schaffen zur Vollrealisierung des Eingebungs-

gehaltes in der Ausgestaltung noch das ausfuhrende H a n d e l n . Der

Gedanke muß ausgesprochen, niedergeschrieben, die Gestalt in Stein

gehauen, die musikalische Weise zum Erklingen gebracht und daher den

Instrumenten angepaßt werden, um ganz verwirklicht zu sein. Und

umgekehrt ist das Handeln nicht ohne geistige Voraussetzungen

möglich, sodaß auch hier ein Durchschreiten (oder blitzartiges

Durcheilen) aller Geistesschichten erforderlich ist.

Damit ist der Weg aufgezeigt, den die Eingebung bis zu ihrer

geistigen Entfaltung zurückzulegen hat. Doch ist die entscheidende

Frage noch offen: W o h e r kommt die Eingebung, und w o h i n

soll das aus ihr Geschaffene weitergegeben werden? Zunächst läßt

sich wohl nur sagen, daß schöpferische Eingebungen aus einem

höheren als dem subjektiv bewußten Bereich des Geistes herrühren,

zuletzt aus einer allgemeinen, objektiven Geistessphäre, in welcher

alle Menschen rückverbunden sind. Das Objektiv-Verbindliche

dieser höheren Geistesschichte ergibt sich daraus schon, daß aus

großen Eingebungen wahre und für alle Menschen gültige Erkennt-

nisse gewonnen werden. Die Eingebungen entstammen also einer

Geisteswelt, welcher die Menschheit als ganze (das heißt alle

Menschen) und welcher die Menschheit als solche (das heißt als

Ganzheit-Idee) zugehörig sind. Den M e n s c h e n A l l g e -

m e i n - M e n s c h l i c h e s zu vermitteln, ist offenbar der Sinn des

geistigen Schaffens. Aus der Menschheit (als höherer Ganzheit) für

die Menschheit (als Gesamtheit der einzelnen Menschen)! Das ist die

Aufgabe, die dem Schöpfergeiste für sein Wirken gestellt ist. Daraus

folgt die für das Verständnis der menschlichen Seele bedeutsame

Erkenntnis Spanns, daß beim geistigen Schaffen immer auch der

andere Mensch (der Freund, der Gegner, das Publikum) im Geiste

mit dabei ist. Alles Schaffen geschieht in „G e z w e i u n g“.