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385

Theoriebildung systembestimmende — auch in einzelwissenschaft-

licher Entfaltung und Anwendung konsequent verfolgte — Grund-

anliegen Spanns, wie bereits im Geleit zur ersten Auflage des „Funda-

ments“ (1918) im vollen Umfange seines Anspruches so grund-

sätzlich ausgesprochen: „der Anschluß der Volkswirtschaftslehre an

die Gesellschaftswissenschaft und mit dieser an deren philosophische

Wurzeln . . .“, womit auch die Wirtschaftswissenschaft, „indem sie

die Volkswirtschaft als Bestandteil jener geschaffenen und schaf-

fenden Kultur begreift, die ihrem Wesen nach die höchste Geistigkeit

ist, . . . ein Stück der sittlichen Welt zum Gegenstand“ habe (Bd 3,

12

)

27

.

Für die Fragestellungen an der Schwelle einer in ihre nachindu-

strielle Epoche tretenden Welt mag dies immer noch — oder sogar

verstärkt — als geistiger Anspruch gelten; als Anspruch an eine

Wissenschaft von der Wirtschaft, die nicht als ein „Mechanismus“,

sondern als eine auch des Gesellschaftlichen sich wiederum bewußte

Befassung mit der Politeia als ganzer zu begreifen, als eine im gesell-

schaftsbezogenen Sinne zu verstehende „Politische Ökonomie“

und ihrer Lehre. Diesem Anhegen auf besondere Weise gerecht

werdend, stellt Spanns ganzheitliche Wirtschaftsbetrachtung so

gesehen zugleich das Ringen um eine umfassende alternative Kritik

an der tradierten Politischen Ökonomie dar. Sie begnügt sich nicht

mit der bloßen, auch für unsere Gegenwart gesellschaftlich und

wirtschaftlich immer noch bedeutsamen Fragestellung nach Ver-

wirklichung einer sowohl individualistischen Kapitalismus wie

zentralistischen Kollektivismus überhöhenden Ordnungsvorstellung,

sondern sucht als Antwort darauf — hinsichtlich seiner geistig-

philosophischen Grundlegung, wissenschaftlich eigenständigen Aus-

formung und Geschlossenheit wohl kaum sonst vergleichbar

28

auch ein entsprechend theoretisch wie begrifflich durchgebildetes

System, ein Lehrgebäude zu liefern.

27

Vgl. auch Othmar Spann: Vom Geist der Volkswirtschaftslehre. Antrittsrede an der

Universität Wien, Jena 1919 (Wiederabdruck als „Anhang“ in Gesamtausgabe, Bd 3,

S. 385 ff.).

28

Geisteswissenschaftlich vom Ansatze her sowie im Anliegen grundlegend ähnlich,

jedoch nicht theoretisch-systematisch entfaltet, vgl. dazu auch Leopold Ziegler: Zwischen

Mensch und Wirtschaft, Darmstadt 1927.