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und erklärt den Begriff des N e u l i n g s (des Zöglings, des Lehrlings, des
Rekruten), der in allen Gemeinschaften und Verbänden bekannt ist.
In dieser Erklärung der Freibeweglichkeit und Selbständigkeit des
Einzelnen nach dem Grade, nach der Verhältnismäßigkeit seiner
Vergemeinschaftung feiert der Universalismus den Triumph seiner
Theorie. Es gibt keine schärfere Probe auf die Richtigkeit der
universalistischen Gesellschaftserklärung als diese.
Zu (2): Der Einzelne darf nicht so angesehen werden, als ob all sein
Geistiges g a n z u n m i t t e l b a r in jener Gemeinschaft erzeugt würde,
der er angehört. Der geistige Besitz eines Einzelnen ist dadurch bei weitem
nicht erschöpft. Die Auferweckung und Fortbildung des individuellen
Geistes erfolgt vielmehr außer durch die unmittelbare Gemeinschaft der
schon vorhandenen geistigen Inhalte noch durch das, was ich die
i n n e r e E n t s p r e c h u n g der geistigen Inhalte untereinander, der
Begriffe, der Tugenden und Handlungen nennen möchte. Die
Selbstentwicklung auf dem Wege der inneren Entsprechung des Geistigen
ist von großer Bedeutung und rechtfertigt daher die folgende ausführliche
Bemerkung.
Entsprechung besteht in sinnvoller Zugehörigkeit oder Korrelation. Auf intellektuellem
Gebiete werden wir diese Erscheinung
1
auch als die natürliche „Problemfolge“
kennenlernen. Zum Beispiel entspricht einer bestimmten neuen Einsicht stets eine
Berichtigung und Umbildung anderer Erkenntnisse, aber auch weiterhin ein dieser Einsicht
gerecht werdendes Empfinden und Handeln. Und so allgemein: wer A sagt, muß auch B
sagen. Wenn daher der Einzelne in seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft
nur zum A-sagen kommt, so wird er doch kraft der Folgerungen, die sein Geist ziehen muß,
zum
B-sagen
gedrängt.
Dies
ist
also
eine
N a c h w i r k u n g
d e r
V e r g e m e i n s c h a f t u n g . Je bedeutender die Anlagen und entwickelten Kräfte des
Einzelnen sind, um so energischer und schneller wird er von A zu B auch zu C (usw.)
übergehen. Es sind dies die bahnbrechenden Genies, die am meisten den Eindruck geistiger
„Autarkie“
zu
erwecken
vermögen.
Aber
mit
Unrecht,
denn
die
Vergemeinschaftungsgrundlagen in Gesellschaft oder Natur fehlen auch für ihre
Entsprechung nicht.
Gleiches findet im Hinblick auf die Grundzüge statt, welche die jeweiligen
geschichtlichen Gemeinwesen aufweisen. So hat der ägyptische, spartanische, athenische,
römische Staatsgeist, der Geist des Mittelalters, der Renaissance, des Kapitalismus usw. nicht
nur jeweils unmittelbar (spezifische) geistige Gemeinschaftsverhältnisse ausgebildet; es
b i l d e n s i c h a u ß e r d e m b e s t i m m t e E n t s p r e c h u n g e n , d i e s i c h
w e n i g e r a u s u n m i t t e l b a r e r V e r g e m e i n s c h a f t u n g a l s a u s
l o g i s c h e r ,
m o r a l i s c h e r ,
r e l i g i ö s e r ,
k ü n s t l e r i s c h e r ,
p h i l o s o p h i s c h e r , w i r t -
1
Siehe unten viertes Buch, S. 301 ff.
II Spann,4