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II. Die Grundvorgänge und Gebilde

Prüft man, auf welche Weise diese Elemente in Gliedern enthal-

ten sind, so findet man, daß jedem Element eine eigentümliche Art

der Verbindung entspricht. Die beiden Elemente haben jede ihre

Verbindungsweise. Was in Freundschaft, Liebe, religiöser Entflam-

mung, Erörterung, Kunstgenuß und dergleichen geschieht, ist see-

lische Verbundenheit mit gegenseitiger Erweckung, ist V e r g e -

m e i n s c h a f t u n g o d e r G e z w e i u n g . Gezweiung ist nicht

mechanisches Aneinanderreihen der Elemente, sondern innere Aus-

gliederung, wie dies oben bei der Darstellung des Universalismus

1

auseinandergesetzt wurde. Jetzt handelt es sich nur um die Erkennt-

nis des formellen Geschehens.

Anders als Geist und Empfindung verhält sich die Handlung. Zu-

sammenwirken mehrerer kann nicht durch inneren Widerhall ge-

schehen, sondern lediglich durch äußeres Ineinandergreifen, Anein-

anderreihen der Handlungen. Innere Vergemeinschaftung der Emp-

findungen und äußerliche, mechanische Verkettung (Gemeinsamkeit)

der Handlungen sind daher streng auseinanderzuhalten. Die Spra-

che hat für gemeinsames Handeln viele Ausdrücke, welche das Feh-

len innerer Teilnahme dabei kennzeichnen: Beistand, Beteiligung,

Werkverknüpfung, Werkhilfe, Gewerkschaft, Aufgabenteilung, Ar-

beitsgenossenschaft — gleichwohl sind die meisten davon nur schwer

verwendbar. Ich wähle, weil das im buchstäblichen Sinne sehr be-

zeichnende Wort „Gewerkschaft“ leider schon für Sonderbedeutun-

gen festgelegt ist, das Wort „Gewerktum“ oder auch „Genossen-

schaft“, das auch jetzt schon vorzugsweise zur Bezeichnung äußerer

(nicht innerer) Verbindung der Menschen gebraucht wird. Die

Sprache kennt keine „Genossenschaft der Heiligen“, sondern eine

„Gemeinschaft“ der Heiligen (die geistig ist); dagegen spricht sie

von „Genossenschaft mit beschränkter Haftung“, „Produktivge-

nossenschaft“, „Einkaufsgenossenschaft“ und anderen. Die Verbin-

dung des Handelns mehrerer nennen wir daher: „ V e r g e n o s -

s e n s c h a f t u n g “ o d e r G e w e r k t u m .

Unser Ergebnis ist: Die Grundvorgänge der Gesellschaftsbildung

bestehen in arteigener Verbundenheit der Elemente. E m p f i n -

1

Siehe oben S. 143 ff.