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III.
Das ausdrückende Handeln als mitteilendes Handeln
oder Hilfshandeln (Hilfsvorgänge und Hilfsgebilde)
Das Wesen der Gemeinschaft ist schöpferische Gegenseitigkeit. Zu
seinem Zustandekommen kann schon der Anblick von Gebärden
und Blicken anderer Menschen genügen, weil er uns fremde seelische
Zustände unmittelbar bedeutet. Das ist aber der nur grundsätzliche,
einfachste Tatbestand. Praktisch muß zumeist ein e i g e n e s
H a n d e l n e i n - / t r e t e n , w e l c h e s d i e V e r g e m e i n -
s c h a f t u n g e r s t e r m ö g l i c h t , e i n H i l f s h a n d e l n ,
ein Vermittlungshandeln. Durch ihn wird das I n n e w e r d e n
der fremden seelischen Inhalte v e r m i t t e l t . Dieses Handeln ist
mitteilendes Handeln. So sehen wir zum Vergemeinschaftungsvor-
gang das mitteilende Handeln als Hilfsvorgang hinzutreten, welcher
die formale, neutrale Vollziehungsbedingung der Vergemeinschaf-
tung ist. Mitteilendes Handeln geschieht z. B. durch G e b ä r d e ,
S p r a c h e , S c h r i f t , D r u c k , Z e i c h e n . Gebärde, Wort ist
ein Handeln, das ein Inneres gestaltet, ausdrückt, darstellt. Als sol-
ches ist es aber kein „Hilfsvorgang“, sondern Selbstzweck. Erst
durch die Mitteilungsleistung wird es formale Hilfsbedingung der
Gezweiung.
Ist mitteilendes Handeln Hilfsvorgang (Hilfshandeln), so ist es
als Zustand (System) betrachtet ein Gebilde, die Mitteilung, und
zwar ein „Hilfsgebilde“.
Die Sprache ist nicht bloß Mitteilung, sie ist auch selbst Zweck (nämlich als
Ausdruck). Insofern sie nicht die Rolle der Mitteilung (formalen Vollzugsbedin-
gung) hat, ist sie auch nicht Hilfsvorgang, sondern schöpferische Darstellung
gleich der Kunst
1
.
IV.
Handeln höherer Ordnung (Hilfsvorgänge und Hilfsgebilde
höherer Ordnung)
Hilfsvorgang zweiter höherer, weil schöpferischer Art ist jener,
der sich nicht auf die formale Vollziehung (das Innewerden) der
Vergemeinschaftung, sondern auf die Hervorlockung und Sicherung
1
Näheres darüber später, S. 357 ff.