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Standpunkt unserer Wissenschaft. Er kann doch im letzten Grunde
nie und nimmer befriedigen. Gegen ihn muß sich der gesunde Sinn
sträuben. Die S c h e i d u n g v o n W i s s e n u n d L e b e n ,
die in ihm liegt, ist im letzten Grunde für jeden unannehmbar und
würde auch die Wissenschaft ihrer hohen Würde berauben, indem
sie, zur bloßen Magd herabgedrückt, nur fähig wäre, jeden verlang-
ten Dienst zu verrichten. Gegenüber dieser Verirrung gilt es, die
hohe Sendung der Wissenschaft zu verteidigen und die Wissenschaft
als Kulturwert über dem Nützlichkeitswert zu begreifen.
2. Das W i s s e n a l s W e r t s c h ö p f e r
Mit der Verwertung des Gewußten als Mittel, mit dem Verhältnis
„Wissen ist Macht“, ist die Bedeutung des Wissens keineswegs er-
schöpft.
Weit darüber hinaus hat W i s s e n s c h a f t d i e B e d e u -
t u n g einer von s i c h a u s l e b e n g e s t a l t e n d e n u n d
l e b e n b e w e g e n d e n K r a f t — in ihrer Eigenschaft als Wert-
schöpfung, als W e i s h e i t .
Das war denn auch allen früheren Zeiten selbstverständlich. Erst
das mechanische Denken, dem die Welt eine „sich selbst mahlende /
Mühle“ war, wie Novalis sagte, mußte finden, daß die geschlossene
Naturkausalität (wenn sie auf die geistige Welt erweitert wird!)
keine Wertung ermögliche. Denn wie die Sonnenfinsternisse „ab-
laufen“ ohne Wertung, so müssen auch die gesellschaftlichen Vor-
gänge „ablaufen“ ohne Wertung. „Wertung“ ist darnach nicht Wis-
senschaft, nur „Erkenntnis des Seins“ wäre Wissenschaft.
Soll man über diesen verfahrenmäßigen Gegensatz von „Erkennt-
nis und Wert“, an dem die Neueren ausschließlich haften bleiben,
hinwegkommen, so muß man auf den wiederholt erwähnten Unter-
schied von zerlegendem (diskursivem) und erlebendem (intuitivem)
Denken zurückgehen. Das e r l e b e n d e D e n k e n i s t n o t -
w e n d i g z u g l e i c h E r k e n n t n i s u n d W e r t s c h ö p -
f u n g ; a n d e m P u n k t e d e r E i n g e b u n g i s t W i s s e n
u n d W e r t e n n o c h U n u n t e r s c h i e d e n d a s s e l b e .
Die Notwendigkeit dieses Verhältnisses leuchtet ein, wenn man
nur recht bedenkt, daß e r l e b e n d e s D e n k e n j a s c h o n
L e b e n s e l b s t i s t , im Inhalte des Lebens es aber notwendig