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Lehrer, ohne Begriff. Ja durch äußeres Wissen könnten wir niemals

erfahren, was ein Held sei; denn wer stark ist und in der Schlacht

siegt, ist noch lange kein Held. Wir müssen in unser Inneres hinab-

steigen, um dies zu erfahren. Wer in sich selbst jene Natur des Strei-

ters hat, entdeckt sich selbst in der Gestalt des Siegfried und wird

aufleben in jenem reinen Bilde; wer eine furchtsame und dunklere

Natur in sich hat, dem wird wenigstens gestaltet gezeigt, was Hel-

dentum, Kraft und Ehre sei, so daß auch er eine unendliche Berei-

cherung seines Wesens aus Nibelungen- und Heldendichtung erfährt.

— Und so geht es durch alle Gestalten der Dichtung hindurch, die

doch sämtlich Grundgestalten, Grundwesenheiten des Lebens sind.

Wer Shakespeares „Romeo und Julia“, wer Goethes „Wahlver-

wandtschaften“ in sich aufnimmt, der weiß nun, was Leidenschaft

der Liebe heißt, auch wenn seine eigenen Erlebnisse es ihn nie ge-

lehrt hätten. Novalis’ „Ofterdingen“ und seine Lyrik offenbaren uns

die Liebe als mystisches Geschehen; was „Schicksal“ heißt, zeigt uns

der „Ödipus“ des Sophokles, zeigt uns die „Accorombona“ von

Tieck, die „Ahnfrau“ Grillparzers (wenn man sie nur recht zu neh-

men versteht); „Hamlet“ zeigt den entschlußunfähigen Klügler

„von des Gedanken Blässe angekränkelt“; Goethes „Faust“ und

Wolframs „Parsifal“ stellen uns den nach Weisheit und Heil ringen-

den Menschen dar; die große, aber begrenzte Wirkung des Bösen

unter Menschen zeigt uns Shakespeares Richard III.; des Bösen in-

nere Machtlosigkeit zeigt uns die ungeheuere, einzigartige Figur des

Falstaff, dem zugleich in Heinrich V. der strahlende Aufstieg einer

edlen, ins sittliche Große sich entfaltenden Kraft gegenübersteht.

Gleichwie der größte König der Langobarden, / als Säugling aus

dem Sumpfe gezogen und aus dem Stande der Nichtigkeit erhoben,

zum Helden und Retter seines Volkes aufsteigt, so vermag der Wille

des Menschen sich aus dem unentschiedenen Dunkel, in dem Falstaff

und Heinrich als Zechgenossen sich ursprünglich befinden, in die

reine Höhe des Guten zu erheben.

Ein anderes Gebiet ist dann die Naturdichtung, von der wir oben

bei Besprechung der Gemeinschaft des Menschen mit der Natur

Proben Eichendorffs gaben, die hier nicht zu wiederholen sind

1

.

Nun wendet der empiristisch-individualistische Standpunkt ein,

diese Wirkungen der Kunst seien subjektiv, „relativ“, nicht allge-

1

Siehe oben S. 232 f.