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eine Verpersönlichung „Hypostasierung“ des Rechtes, nur eine

Fiktion beziehungsweise ein „Zurechnungspunkt“ sei

1

.

In der Regel wird das Verhältnis von Recht und Staat nach natur-

wissenschaftlicher, ursächlicher Art so gefaßt, daß entweder der

Staat das Recht „erzeuge“ oder das Recht den Staat „erzeuge“ oder

beide miteinander in „Wechselwirkung“ stünden.

Was die naturwissenschaftliche Auffassung betrifft, so muß an der Spitze

dieser Untersuchung die Einsicht stehen, daß ein „Einfluß“, eine „Wechsel-

wirkung“, ein „Erzeugen“ oder „Erzeugtwerden“ von Recht und Staat im ur-

s ä c h l i c h e n Sinne und überhaupt im Sinne einer u n m i t t e l b a r e n Be-

rührung oder „Beziehung“ ausgeschlossen ist. Nirgends begegnete uns bisher in

unseren zergliedernden Untersuchungen eine „Wirkung“ jener ursächlichen Art,

noch eine unmittelbare „Berührung“, „Beziehung“ der Teilganzen untereinander.

Die / Glieder der Gemeinschaft lernten wir oben als Glieder der Ganzheit selbst

kennen, nicht als Stücke, die von sich aus aufeinander wirken

2

. Das System der

Werte — Sittlichkeit, Recht — kann von Anbeginn nicht „wirken“, sondern muß

eine bestimmte Verrichtung (Leistung) annehmen, und zwar indem es die Form

der Satzung erhält. Teilganze der Gesellschaft können überhaupt nicht aufein-

ander „wirken“, noch miteinander u n m i t t e l b a r in Bezug treten. Sie stehen

in u n m i t t e l b a r e m Verhältnisse nur zum Ganzen selbst. A b e r a l l e r -

d i n g s m ü s s e n s i e i n e i n e r S t e l l u n g v o n v e r s c h i e d e n e r

W e s e n t l i c h k e i t z u m G e s a m t s y s t e m s t e h e n

3

.

Nicht das Verhältnis des „Wirkens“ und „Erzeugens“ ist zu fin-

den, sondern das des Vorranges und Nachranges. Darum können

auch Recht und Staat aufeinander nicht „wirken“, sondern nur in

mittelbarem (durch das Ganze vermitteltem) Verhältnisse zueinan-

der stehen, nämlich n a c h M a ß g a b e i h r e r a r t e i g e n e n

G l i e d h a f t i g k e i t : Sie nehmen als Glieder des Ganzen eine

verschiedene Stellung ein

4

. Diese Stellung, jenes Verhältnis sind

durch die uns längst bekannten V o r r a n g s ä t z e bezeichnet. An

ihrer Spitze steht der Satz:

Satzung ist vor Anstalt; daher:

Recht ist vor Staat; aber Recht will sich in Staat verwandeln.

Der erste Satz besagt, daß Recht, als dem Reich der Werte ange-

hörig, ein logisches Prius vor dem Staate, als dem Reiche des Han-

delns angehörig, voraus hat.

1

Vgl. oben S. 517 ff.

2

Siehe auch unten fünftes Buch, fünfter Abschnitt, S. 670 ff.

3

Siehe mein Buch: Tote und lebendige Wissenschaft, 3. Aufl., Jena 1929,

S. 101 ff. [5. Aufl., Graz 1967, S. 83 ff.].

4

Vgl. die „Unberührbarkeit der Teilganzen und Glieder“ in meinem Buch:

Kategorienlehre, Jena 1924, S. 270 ff. [2. Aufl., Jena 1939, S. 282 ff.] (= Er-

gänzungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd 1).