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In unserer „Kategorienlehre“ begründeten wir den Satz: „Aus-
gliederung ist vor Umgliederung“
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. Rein genetisch, das heißt im Zeit-
verlaufe des Werdens, in der Erfahrung gilt aber der gegenteilige
Satz. Die wirklich erfahrbare Ganzheit, z. B. der bestimmte Staat
Österreich, kann nur als geschichtliche erfahren werden, da sie not-
wendig immer in einer bestimmten Umgliederungszeit angetroffen
wird. Erst aus der geschichtlich-konkreten Erfahrung „Staat“ kann
die systematische Ganzheit „Staat“ erschlossen werden und so fort.
Genetisch hat also die Umgliederung den Vorrang. Erst sie läßt
systematisch ausgegliedertes Ganzes erstehen. Aber dem Wesen
nach, dem Begriffe, der Sache nach ist wohl leicht einzusehen, daß
der Plan, die Systematik, die begriffliche Bestimmtheit der Ausglie-
derung, der Bau der Ganzheit logisch vorhergehen muß. Anders
gesagt: da in jeder Umgliederungsstufe nur systematisch Ausgeglie-
dertes erscheint, ist das Systematische, und das ist eben die Aus-
gliederung, Vorbedingung der Umgliederung, daher logisch früher.
Ob man diese „Systematik“ oder „Begriffsbestimmtheit“ oder „Wesenheit“
oder „Idee“ o n t o l o g i s c h denkt, das heißt nach Art der platonischen und
aristotelischen Ideenlehre in irgendeinem Vor-Sein irgendwie real befindlich;
oder ob man sie nur als „Geltungszusammenhang“, oder ob man sie in irgend-
einem beliebigen anderen Sinne denkt; das ist für die Frage des Vorranges oder
Primates nebensächlich. L o g i s c h vorher muß der Begriff der ausgliedernden
Ganzheit unbedingt gehen; sonst könnte sie nicht in ihrer jeweiligen Umglie-
derungsbestimmtheit erscheinen. Denn nicht die Umgliederung ist es, die eine
Ganzheit grundsätzlich bestimmt, sondern die Ausgliederung. Erst auf dem
Grunde der geistig (logisch) bestimmten Ausgliederung kann die konkrete, be-
stimmte Umgliederung gedacht werden.
Und das bestätigt auch die Erfahrung. Die Geburt eines Menschen, das
Wachstum eines Baumes, die Entstehung eines Staates (z. B. durch Abtrennung
Böhmens aus dem alten Österreich) kann nur gedacht werden, indem das jeweils
systematisch bestimmte Ei (menschliches Ei, nicht tierisches Ei) befruchtet, das
systematisch bestimmte Samenkorn (Eiche, nicht Linde) in die Erde gesenkt und
bewässert, der systematisch bestimmte Staat (Staat, nicht Kirche oder Baustil)
durch „Abtrennung“ eine Umgliederung und Umbildung erfährt. A l l e s , w a s
g e s c h i e h t , k a n n n u r i n d e r A b f o l g e d e r G e s c h i c h t e g e -
s c h e h e n , a b e r d i e A b f o l g e d e r G e s c h i c h t e s e t z t d a s S y -
1
Vgl. mein Buch: Kategorienlehre, 1. Aufl., Jena 1924, S. 201 ff. [3. Aufl., Graz
1969, S. 195 ff.]. Die notwendige Ergänzung dazu ist der S a t z : „ R ü c k -
v e r b u n d e n h e i t i s t v o r A u s g l i e d e r u n g “ . (Vgl. ebenda S. 219.
Rückverbundenheit ist nicht nur in der Ausgliederung, sondern auch in der
Umgliederung: zeitliche Rückverbundenheit.) Wir können uns aber auf die
Erörterung der damit entstehenden Fragen hier nicht einlassen. Es möge dieser
kurze Hinweis genügen.