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Lehre ist der Geist (das Pneuma) des Gottes mit dem G ö t t e r -
b i l d n i s auf magische Weise verbunden; nach gröberen Vorstel-
lungen wohnt der Gott dem Bildnis geradezu inne.
Ebenso begegnet uns die Meinung, dem N a m e n des Gottes
wohne das göttliche Pneuma inne, wodurch A n r u f u n g e n mit
dem rechten Namen eine zwingende Bedeutung erhalten sollten
(Geister- und Götterzwang). Daher wurden die wahren Götter-
namen geheim gehalten (wie ja auch ähnliches von den Bildnissen
und Namen lebender Menschen gilt). Wird zum Beispiel das Götter-
bild beleidigt, so spürt es der Gott kraft dieser magischen Verbun-
denheit; wird der Name genannt, so spürt es eben darum auch der
genannte Gott; wird das Bildnis des lebenden / Menschen durch-
stochen, so spürt es nach dieser Auffassung eben darum auch der
Mensch.
Eine ähnliche Bewandtnis hat es mit A m u l e t t e n , sofern sie
das Bildnis oder Zeichen eines Gottes tragen; indem durch das
Zeichen der Geist jener Gottheit mit dem Amulett verbunden
oder in dem Amulett enthalten wäre, wäre er imstande, einen
Schutz-, Abwehr- oder auch Angriffszauber auszuüben.
Von da aus ist auch die Lehre von den h e i l i g e n O r t e n
zu verstehen. Wenn zum Beispiel in Delphi ekstatisierende Dämpfe
aufsteigen, wird damit die Vorstellung einer besonderen Verbunden-
heit dieses Ortes mit dem Gott der Ekstase begründet. — Ebenso
steht es um die R e l i q u i e n , mit welchen der persönliche Geist
der betreffenden Heiligen in Verbindung gedacht wird. Allerdings
unterliegt der Volksaberglaube einer vergröberten Auffassung und
denkt leicht an ein stoffliches, unpersönliches Fluidum, das in der
Reliquie enthalten wäre.
Wichtig ist, bei Beurteilung aller dieser Fälle festzuhalten, daß
es grundsätzlich der Geist eines p e r s ö n l i c h e n G o t t e s sei,
welcher mit seinem Bildnis, Namen, Ort verbunden, der p e r s ö n -
l i c h e Geist eines Heiligen, welcher mit seinen Reliquien verbun-
den gedacht wird. Eine solche Verbundenheit konnte ursprünglich
stets nur persönlich, geistig gefaßt werden.
Geht man aber dazu über, diese Verbundenheit als durch einen
unbestimmten, unpersönlichen Feinstoff, einen stofflichen Lebens-
geist, ein Lebensfluidum, eine Art von Feuerstoff oder stofflichen
Lebenshauch, Lebensatem geschehend vorzustellen, dann nimmt