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aber folgende Schlüsse: Das Verhältnis der Elemente (seien es die
einzelnen Menschen der Gesellschaft, seien es die einzelnen Vorstel-
lungen der Menschen) ist nicht ein Zusammentreten; denn die Ele-
mente sind nicht vor diesem Zusammensein da, sondern sind
durch sinnvolles Gesetztwerden oder Ausgliederung; Ausgliederung
geschieht aber nur in der Form von Mitausgliederung mehrerer
Elemente (das heißt das Ganze kann nie Ein Glied, es muß stets
mehrere zugleich, mehrere miteinander ausgliedern); Mitausglie-
derung ist aber Gezweiung oder Gemeinschaft; Gezweiung oder
Gemeinschaft heißt nicht weniger als: daß ein T e i l o h n e
d e n a n d e r e n n i c h t i s t , nicht existiert; damit sind wir
endlich bei dem methodologischen Grundbegriffe der G l i e d -
h a f t i g k e i t aller Elemente angelangt. Nun ist „Atomismus“
und „Individualismus“ und „mechanische Ursächlichkeit“ aus
dem Verfahren der Gesellschaftslehre ausgeschaltet, Ganzheit und
Gliedhaftigkeit sind als Grundbegriffe ihres Verfahrens gewonnen.
Man kann das auch schlagwortartig in folgende Gleichungen brin-
gen: Gesetztheit der Elemente aus dem Ganzen = Ausgliederung =
Mitausgliederung = Gezweiung oder Gemeinschaft; Gezweiung
heißt: ein Teil ist nicht ohne den anderen = Gliedhaftigkeit aller
Elemente = gliedliche Stellung (Organnatur) und gliedliche Lei-
stung (teleologische Funktion) statt mechanischer „Beziehung“
oder „Abfolge“ oder „Wirkung“ oder „Wechselwirkung“ — G a n z -
h e i t u n d G l i e d h a f t i g k e i t t r e t e n a n d i e S t e l l e
d e s B e g r i f f e s v o n m e c h a n i s c h e r U r s a c h e u n d
W i r k u n g.
Hiermit ist ferner auch der alte aristotelische, für die Verfahren-
lehre jeder echten Geisteswissenschaft entscheidende Satz begründet:
Das Ganze „ist vor dem Teile“. Mit diesem Vorrange des Ganzen ist
weiter der B e g r i f f d e s V o r r a n g e s a l s F o r s c h u n g s -
m i t t e l überhaupt gewonnen
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Vgl. meinen Aufsatz: Vorrang und Gestaltwandel in der Ausgliederungsordnung der
Gesellschaft, in: Logos, Bd 13, Tübingen 1924/25; sowie meine Gesellschaftslehre, Bd 4,
S. 666 ff.; und Tote und lebendige Wissenschaft, Bd 6, S. 77 ff. — Ich verweise für das Fol-
gende noch auf: Wilhelm Andreae: Bausteine zu einer universalistischen Steuerlehre, Jena
1927 (= Deutsche Beiträge zur Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Bd 3), S. 95 ff. und
100 ff.