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Im Begriffe der Ganzheit liegt aber nicht nur die Überwindung
des mechanischen Ursächlichkeitsbegriffes beschlossen, sondern
auch jene des Z w e c k b e g r i f f e s . Mit dem Zweckbegriffe
nämlich kann die Forschung praktisch nicht weit kommen. Man
kann schlechterdings nicht wissen, welchen Zweck der Frosch in
der Natur habe. Die Bestimmung, er habe den Zweck, Fliegen zu
fressen, bleibt im Primitiven stecken. Der Begriff der Ganzheit
und der Gliedhaftigkeit nimmt aber den Zweckbegriff in sich auf
(ebenso jenen des N o r m a t i v e n und andere!). Denn die glied-
hafte Stellung des Frosches oder, um diesen Ausdruck zu gebrau-
chen, der Froschheit, im Gesamtganzen der Natur ist dagegen wohl
zu bestimmen, nämlich auf dem Wege der Analysis gegebener Ganz-
heiten.
Gegen die in meinen Schriften wiederholt begründete Behauptung,
„Es gibt kein einziges Kausalgesetz in der Volkswirtschaftslehre
und Gesellschaftslehre“
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hat man eingewendet, ich könnte doch
nicht leugnen, daß z. B. Zölle eine bestimmte Wirkung auf die Preise
haben. Gewiß leugne ich das nicht; aber ich leugne, daß die Zusam-
menhänge zwischen Preisen und Zöllen ursächlicher (kausaler), das
heißt mechanischer Art seien. Bei Zollerhöhungen und bei Käufen
und Verkäufen von Waren haben wir doch stets: 1. Handlungen, die
schon für sich etwas Sinnvolles, nichts Mechanisches sind, und
2. Handlungen von bestimmter g l i e d h a f t e r Natur vor uns, also
Handlungen, die ihre bestimmte Bedeutung, ihren bestimmten Sinn
im Ganzen haben, z. B. die gliedhafte Bedeutung eines Ankaufes von
Waren im „Haushalt“, im „Betriebe“, im „Konzern“, in der „Bran-
che“ oder in anderen Unterganzheiten und höheren Ganzheiten,
schließlich in der Volks- und Weltwirtschaft. Darum kann je nach
dieser gliedhaften (ganzheitlichen, also auch sinnvollen) Bedeutung
die Erhöhung des Zolles, des Angebotes, der Nachfrage usw. ganz
verschiedene Folgen — „ F o l g e n “ n a c h A r t d e r l o g i -
s c h e n F o l g e r u n g , n i c h t n a c h A r t d e r m e c h a -
n i s c h e n A b f o l g e , der sogenannten Wirkung haben. Darum
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Vgl. z. B.: Fundament der Volkswirtschaftslehre, Bd 3, S. 304 f. und S. 339 ff.; Tote
und lebendige Wissenschaft, Bd 6, S. 66 ff. und in der 2. Aufl., Jena 1925, S. 42 f.; Gesell-
schaftslehre, Bd 4, S. 649 ff.