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inhalte, und zwar wesenbestimmende Teilinhalte der Stufen des

Seins. Es gibt daher auch keine „Rechtsidee“, wie die Neukantianer

fälschlich lehren. Es scheiden aus dem Ideenbegriffe auch alle Begriffe

der Mathematik und Geometrie aus. Damit wird einer Hypostasie-

rung abstrakter Gedankengebilde der Boden entzogen, die Verun-

krautung der Ideenlehre durch wesenfremde Elemente verhindert

und der ontologische Charakter der Ideenlehre wiederhergestellt.

Zum Abschluß seiner Ideenlehre würdigt Spann noch einmal

ihre geistesgeschichtliche Bedeutung und ihre große Tradition:

„Das Erlebnis der Ideen verblaßte den vergangenen Jahrhunderten immer

mehr, bis es zuletzt ganz verlorenging. Der Mensch war alt geworden, das

innere Feuer zerstreut und die Seele verflogen . . . Die Quellen alles Lebens, an

denen Himmel und Erde hängt, sind jene göttlichen Schöpfergedanken, die seit

Platon ,Ideen', das ist ,Gesichte' heißen. Gleich der Lebensfeuchte des Wassers

durchdringen sie die Welt, bauen und gestalten sie als zeugende Mächte. In der

Geschichte sind sie der Geist der Zeiten, im Gemeinwesen sind sie der Gehalt der

Gemeinschaft, dem einzelnen Menschen sind sie die Eingebung im Denken und

künstlerischen Schaffen, im Handeln die Begeisterung. Sie sind die großen

Weltpotenzen, die Götter dieser Welt, und sie erfüllen die Erde mit Glanz und

machen auch uns göttlichen Geschlechtes (Paulus: Apostelgeschichte, 17). Ohne

sie wäre die Geschichte sinnlos, die Gemeinschaft unfruchtbar, unser Geist

finster, unser Gemüt kalt und als Ideenführer ohne Ideen glichen wir dem Könige

ohne Land; wir hätten nichts zu schaffen, da wir auch nicht geschaffen würden“

(Bd 10,494).

IV. Die großen Vorbilder

Die Tradition lebt, auch wenn ihre Begründer gestorben sind. Sie

überwindet die Zeit und darum darf ihr auch nicht ihr Alter abwertend

vorgehalten werden. Die großen Gestalten der Geschichte leben als

Gründer im Staate, in der Menschheit und in den Kulturkreisen weiter.

Sie leben nicht nur, soweit ihr Werk noch geistiger Inhalt der Gegen-

wartskultur ist; sie leben auch weiter als unsere Vorbilder und Er-

zieher. Das gilt in besonderem Maße von den großen Philosophen.

„Schon aus der Natur des gesellschaftlichen Vorganges als eines

schöpferischen Gezweiungsganges folgt, daß die Inhalte der Religion,

Philosophie, Wissenschaft und Kunst, das Geistursprüngliche, nicht

anders als durch die jeweiligen bestimmten und geschichtlich einzig-