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sophie als Prediger der Freiheitskriege verbannt. Spann mußte wieder
ein richtiges Fichte-Bild zeichnen. Nur durch die Fichtesche Ver-
tiefung der Transzendentalphilosophie ist der Anschluß an die große
Tradition des Idealismus gesichert worden. Spann konnte in seinem
Buche über Meister Eckehart auch öfters auf die Übereinstimmung
mit Fichte verweisen. Man neigt ja leicht dazu, Fichtes Selbstsetzung
des Ich als eine prometheische Auflehnung gegen Gott (als das Ab-
solute) aufzufassen. Die Sätze der Wissenschaftslehre dürfen nicht
solipsistisch mißverstanden werden. Zur Unterstützung der Dar-
stellung Spanns über Fichte sei darum auf Fichtesche Gedanken ver-
wiesen, aus denen die Unterstellung des transzendentalen unter das
absolute Ich klar hervorgeht:
„Solange der Mensch noch etwas für sich selbst sein will, kann das
wahre Sein und Leben in ihm sich nicht entwickeln, und er bleibt
eben darum auch der Seligkeit unzugänglich; denn alles eigene Sein
ist nur Nichtsein, und Beschränkung des wahren Seins . . . Wie hin-
gegen der Mensch auch die höchste Freiheit, seine eigene Freiheit,
und Selbständigkeit aufgibt, und verliert, wird er des einigen wahren,
des göttlichen Seins, und aller Seligkeit, die in demselben enthalten
ist, teilhaftig“
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.
Die Lehrgeschichte vermag im allgemeinen zwischen den drei von
uns behandelten Vorbildern wenig Gemeinsames zu finden. Unsere
Hinweise auf die Darstellung Spanns sollten zeigen, daß er wesentliche
Zusammenhänge sieht, die vorher keiner sah.
V. Die Überlieferung in der ganzheitlichen Philosophie
Die Überlieferung ist in der Philosophie Spanns so lebendig, daß
sie ebenso Gegenwart wie Vergangenheit ist. Es ist überhaupt die
Aufgabe des Geistes, die Zeit und ihre Bedingtheiten zu überwinden.
Man kann die Wiedererweckung der idealistischen Tradition durch
Spann nicht mit Kennzeichnungen wie romantisch oder konservativ
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Johann Gottlieb Fichte: Die Anweisung zum seligen Leben, neu herausgegeben von
Fritz Medicus, Leipzig 1923 (= Philosophische Bibliothek, Bd 131b), S. 136.