Table of Contents Table of Contents
Previous Page  170 / 413 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 170 / 413 Next Page
Page Background

170

artigen Vorbilder lebendig werden können. Ohne Vorbild keine

Religion, ohne Vorbild keine Philosophie, ohne Vorbild keine Kunst,

ohne Vorbild keine Sittlichkeit . . . Sogar der neue Schöpfergeist

muß an alte Vorbilder anknüpfen, er muß sie umbilden. Das fordert

die durchgängige Gezweitheit des menschlichen Geistes, das fordert

auch die Gliedhaftigkeit jedes Einzelnen, sogar des Genies, im ob-

jektiven Geiste“ (Bd 11, 257 f.).

Vorbild und Erzieher sein heißt, die Enge der Zeit und ihre Be-

dingtheiten überwinden. Das erklärt sowohl die hohe Bedeutung der

Erzieher wie die hohe Verehrung, die sie in nicht zerrütteten Zeiten

genießen. Von Spann werden wir nicht nur zur Würdigung der

Tradition als Geistesinhalt, wir werden auch zur Begeisterung für ihre

Meister erzogen.

Wie Spann die Vorbilder vor uns lebendig erstehen läßt, das zeigt

nicht nur der „Philosophenspiegel“; das zeigen alle seine Werke, in

denen immer aus der Tradition heraus weitergedacht wird. Im

Folgenden soll an drei besonders klaren Beispielen gezeigt werden,

wie Meister und Werk lebendig werden können: an Platon, Meister

Eckehart und Johann Gottlieb Fichte. Diese Auswahl ist nicht

zwingend. Für die Erhaltung und Verlebendigung der Tradition

dieser Meister hat aber Spann besonders viel getan.

A.

P l a t o n

Nach den bisherigen Ausführungen zur Ideenlehre und ihrer Tradi-

tion darf es nicht wundern, wie nahe Platon der ganzheitlichen Philo-

sophie steht und wieviel Spann zur Wiederherstellung eines wahren

Platonbildes getan hat.

„Vor Platons Philosophie verwandelt sich jeder Einwand in Be-

wunderung. Sie lehrte eine geistige Auffassung der Welt, die vor ihm

im Abendlande nicht erreicht und nach ihm nicht übertroffen wurde.

Sie sprach alle Grundgedanken reiner Wahrheit aus und brachte sie,

wenn nicht in strenge Begriffe, so doch in unsterbliche Sinnbilder. —

Die hohe Gottesvorstellung, die Lehre von den Ideen als vermittelnden

Gewalten göttlicher Art; die Lehre von der Ideenbestimmtheit der

Natur und doch zugleich ihrer Vergänglichkeit, ja des dunklen