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solchen Entstellungen räumt Spann auf. Dies geschieht vor allem
im „Philosophenspiegel“ und in seinem Werke „Schöpfungsgang
des Geistes“ (Bd 10). In diesem Werke stellt Spann seine eigene
Ideenlehre der Ideenlehre Platons gegenüber. Er entwickelt jene
aus dieser und beweist die geschichtliche Abstammung seiner Lehre
von Platon. Es gibt in der gesamten philosophischen Literatur kein
Werk, in dem die Ideenlehre Platons so treffend und kongenial
dargestellt wird wie in den Büchern Spanns. Man versteht erst Platon,
man versteht aber auch erst Spann, wenn man diese Teile aus dem
Werk Spanns und damit die Gemeinsamkeiten und Unterschiede
zwischen der Ideenlehre Platons und der Ideenlehre Spanns kennt.
Durch Spanns Darstellung wird zunächst klar, daß jede wahre
Philosophie auf einer Seinslehre beruhen muß, die drei Seinsbereiche
anerkennt und deren Verhältnis zueinander zu bestimmen sucht:
zuerst das Absolute (Gott), zuletzt die einzelnen Lebewesen sowie
die Dinge der Natur und Kunst und dazwischen einen Bereich der
Vermittlung. Dieser kam häufig, etwa bei den christlichen Nomina-
listen und auch bei Leibniz, zu kurz oder wurde ganz übersehen.
Der systematische Ort jeder Ideenlehre und darum auch der Platoni-
schen liegt in diesem Vermittlungsbereich zwischen dem Absoluten
und den letzten Gliedern der Schöpfung.
Es ist geboten, nunmehr Spann ausführlich zu zitieren:
„Die Gottheit vermittelt sich durch die ,Ideen'. Die Ideen, deren Begriff
Platon nicht eindeutig entwickelte, kann man wohl am einfachsten erklären,
wenn man sie das innere geistige Wesen der Dinge nennt (denn alles Wesenhafte
ist nach Platon geistig); oder auch mit einem dem heutigen Denken geläufigeren
Ausdrucke als ,Substanzen' bezeichnet. Ob Platons ,Ideen' in Gott, also Gedan-
ken Gottes sind, oder selbständige Wesenheiten oder beides zugleich, läßt sich
schwer entscheiden. Wir werden später die Auffassung begründen, daß sie zu-
gleich eigene Wesensmächte und Schöpfungsformen, Bestimmungen (also auch
Gedanken) Gottes sind, welche gleichwohl das diesseitige Leben durchwirken
und gestalten. Denn die Dinge erhalten ihr Sein nur, wie Platon sagt, durch
die ,Teilnahme’ (NjƿLjǁİǍLjǐ)
an den Ideen. — Die Ideen sind darnach: (1) die
Gattungen, die in allen Einzelwesen wirken (Immanenz); (2) damit auch das-
jenige, was der Allgemeinbegriff erkennt, das Allgemeine (also zugleich: Tran-
szendenz). Die Idee der Eichenheit z. B. wirkt in den einzelnen Eichen (Im-
manenz); sie b e g r ü n d e t ihr Sein (Transzendenz); und sie ist Objekt des
Denkens, nämlich des Begriffes der ,Eichenheit', des Allgemeinbegriffes. Auf
diese Weise begründen die Ideen sowohl unsere Erkenntnis von den Dingen wie
das Sein der Dinge selbst . . .“ (Bd 13, 201).