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bedenken. Die Zuneigung Spanns zur Romantik ist nicht Ursache,
sondern Folge seiner Grundeinstellung. Die Einstellung zur Über-
lieferung darf nicht subjektivistisch relativiert werden. Das Fort-
wirken der Tradition wird, wie gezeigt, von der ganzheitlichen Philo-
sophie kategorial gefordert. Der Zustand der traditionsfeindlichen
Gegenwartsphilosophie bestätigt diese Erkenntnis vollauf. Soll die
Philosophie wieder eine führende Lebensmacht werden, muß sie zur
Tradition ein anderes, ein positives Verhältnis suchen. Dabei wird
sie aus der Lehre Spanns wesentliche Anregungen gewinnen können.
„Nur soweit Vergangenheit in der Gegenwart noch da ist, nur so-
weit reicht überhaupt Geschichte. Soweit aber diese Vergangenheit
plötzlich nicht mehr gegenwärtig wäre, soweit wäre auch keine Ge-
schichte ... Je mächtiger der Geist eines Menschen, eines Volkes,
eines Staates ist, umso mehr Kraft, alles Vergangene fruchtbar zu
machen, umso mehr Geschichte hat er; und umgekehrt, je schwächer
der Geist, umso geschichtsloser ist er. Darauf weist uns auch das
Genie der deutschen Sprache hin. ,Danken' kommt von denken, ge-
denken. Undankbar ist, wer des Geschehens nicht zu gedenken, es
innerlich nicht lebendig zu erhalten vermag. Undankbarkeit ist also
eine gewisse Art des Schwachsinns. Wer das Erfahrene nicht in sich
fortleben läßt, es nicht festhält, kann seiner nicht gedenken; wer
seiner nicht gedenken kann, kann auch nicht dankbar, kann daher
auch kein sittlicher Mensch sein“ (Bd 12, 10 f.).
Die Lehre Spanns von der Überlieferung beweist noch eines:
Auch die Tradition wird nicht den Oberflächlichen, sondern nur
den der Versenkung fähigen Menschen lebendig. Bei jenen langt es
höchstens zu einer Nostalgie-Welle.
Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts der Deutsche Idealismus
gescheitert war, riefen die Besten: „Zurück zu Kant!“ Es war dies
eine Mahnung zur Besinnung auf eine große Tradition. Jedoch: Diese
Besinnung und dieses angerufene Traditionsgut waren unzulänglich,
unvollständig. Die ganze Bewegung war eine Halbheit. Sie reichte
nicht einmal in die Tiefen des Kantschen Apriorismus. Man stieß
nicht bis zum ontologischen Idealismus durch, und darum verlief sich
der Neukantianismus bald im Sande. Gibt es eine bessere Bestätigung
der Lehre Spanns von der Tradition? Man kann nicht aus ihr einen
wenn auch markanten Teil heraussuchen und darauf eine neue