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über Unsterblichkeit“ bindet alles in das Umfassende, Unsagbare,
Letzte ein und hebt es in Gott auf.
I. Das System der „Religionsphilosophie“
Die Zeit, in der wir leben, ist gekennzeichnet durch eine Gottes-
ferne, die in der Geschichte ihresgleichen sucht. Die sekundären
Systeme, die der Mensch sich zur Beherrschung der Natur geschaffen
hat, haben ihn nicht nur der Natur entfremdet, sondern auch Gott,
sodaß er keinen Zugang zum Überirdischen mehr finden kann. Doch
unter der Schwelle des äußeren Lebens keimen noch Kräfte, die ohne
weiteres eine Hinwendung zu Gott anbieten können, wenn sie ge-
hört und gefördert werden. Je größer das äußere Wissen um die
Materie und um ihre Gesetze, desto größer die Sehnsucht des Men-
schen, wieder einen Weg zu Gott zu finden.
Der moderne Mensch steht vor der Wende, den Nihilismus auf die
Spitze zu treiben und dadurch seine Existenz endgültig aufs Spiel zu
setzen oder eine Umkehr einzuleiten. Für diese Umkehr bietet sich
uns das religionsphilosophische Werk von Spann an. Denn es handelt:
„Von den Urnotwendigkeiten des inneren Lebens, von den Wegen
des Menschen zu Gott“ (Bd l6, 3). Diese Wege zu Gott muß der
Mensch gehen, wie er sie zu allen Zeiten in der Geschichte gegangen
ist. So stellt sich uns gleich in der Einleitung die Frage, was die
Religion in Wahrheit sei, bzw. ob es eine ewig gültige Religion gebe.
Wer die Geschichte der Religion befragt, der erkennt, daß sich Gott
keiner Zeit, keinem Volk versagt hat und sich immer wieder kund-
gibt, wenn auch auf verschiedene Weise. Am Ende dieses Fragens
steht das Mysterium einer Urreligion mit einer Uroffenbarung und
einer Urüberlieferung und schließlich als Krönung das Christentum
mit seinem Erlöser, der Fleisch geworden ist und dadurch Mensch.
So holt das Christentum die Summe aller Überlieferungen und Re-
ligionen der Welt heim und verherrlicht sie.
Was ist aber Religion kategorial gesehen? Spann gibt uns die
schlichte Antwort: „Religion ist Bewußtsein der Rückverbunden-
heit des Menschen in Gott“ (Bd 16, 13). Zur Religion gehört der
Glaube. Glaube ist nicht ein bloßes Fürwahrhalten, sondern etwas