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damit in Spanns Werk zugleich eine Vereinigung der beiden großen

abendländischen Kulturströmungen, der Klassik und der Romantik,

vollzogen. Kulturströmungen, von denen Friedrich Gundolf in

seinem Buche „Shakespeare und der deutsche Geist“

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sagt: „Daß

Klassik und Romantik aus einer gemeinsamen Wurzel stammten —

eben aus dem neuen durch den Sieg über den Rationalismus erfoch-

tenen Lebensinhalt. . . noch heute wirksam und universell in ihren

Folgen, danken wir doch ihrer Tendenz eine weltgültige Literatur“.

Gerade das sei mit diesem Hinweis auf die Ausstrahlung in zwei

Kraftfelder auch zum Ausdruck gebracht. Dazu eine zu jener Zeit

(1928) geradezu prophetische Stelle aus der „Gesellschaftsphilo-

sophie“ Spanns über Schöpfergeist und Unholde: „Den schwersten

geschichtlichen Kampf führt der schöpferische Mensch gegen die

Häupter des dunklen Unholdentums, die ihn einerseits nachäffen

und andererseits mit eigener dämonischer Kraft die finsteren Mächte

Zusammenhalten und führen . . . Der Genie-Affe und Verführer ist

eine eigene Erfindung des dunklen Dämonismus der Geschichte.

Auch hier ist Führertum und Schöpfertum, aber verkehrtes, nämlich

Verführung und Zerstörung. . . Diese Genie-Affen bilden eine

Schlachtreihe, die das wahre Genie schwer durchbrechen kann“

(Bd 11, 256).

VII. Die Jahre der Verbannung.

Der Mensch Othmar Spann

Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten

in Österreich im März 1938 wurde Spann durch ein Sonderkom-

mando verhaftet und nach München ins Gefängnis gebracht. Dort

teilte er mit einem Geistlichen eine Zelle im Keller, erkrankte jedoch

nach einiger Zeit an beiden Augen und wurde etwa im August

1938 aus der Haft entlassen.

Selbst im Gefängnis war er ungemein rege und geistig tätig. Als

ich selbst einmal für vierzehn Tage von Dachau zur Vernehmung

in das gleiche Gefängnis überstellt wurde, sahen wir uns regelmäßig

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11. Aufl., Düsseldorf 1959.