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Mit ihm im geistigen wie im zwanglosen Gespräch zusammen zu
sein, war immer erhebend. Er war ein begeisterter und begeisternder
Freund; Frauen gegenüber leicht entflammt, ein großer Liebender
und Kavalier. Er wurde schwärmerisch verehrt, obwohl der Anteil
der weiblichen Hörer in seinen Vorlesungen bedeutend geringer war
als etwa auf der philosophischen Fakultät.
Liebe war ihm ein fundamentaler, ja der höchste Wert: „Liebe
ist das Höchste“; Liebe gehe so gesehen auch vor Ehe, sagte er
einmal — keineswegs leichtfertig, sondern mit tiefem philosophi-
schen Ernste und durchaus eingedenk der Zwiespältigkeit, die daraus
auch erwachsen könnte.
Daß Spann ein akademischer Lehrer von besonderer Anteilnahme
war, zeigte sich mir gegenüber unter anderem in dem Anbot seines
Du-Wortes gleich nach der Promotion; in einem Telegramm an-
läßlich meiner Habilitation mit dem Wortlaute: „Heil dem Wasser,
Heil dem Feuer, Heil dem seltsam Abenteuer“ und in einer geistvoll
humorigen Rede beim Professorenessen nach meiner Berufung an
die damalige Hochschule für Welthandel am 1. April 1933 (nicht
ohne Anspielung auch auf das besondere Datum!).
Von Spanns tiefer Wirkung auf seine Studierenden zeugt ein
Brief erst jüngeren Datums (vom 31. Mai 1970) an mich von Dom-
dekan Dr. Philipp Bugeinig (ehemals auch Privatsekretär von Ignaz
Seipel) mit der Überschrift: „Dankbares Gedenken an Othmar
Spann“, der hier in seinem wesentlichen Inhalte wiedergegeben sei:
„Universitätsprofessor Dr. Othmar Spann war für mich das Erlebnis meiner
Wiener Zeit . . . Von einem Kollegen aufmerksam gemacht, kam ich in die Vor-
lesung Professor Spanns über den ,Wahren Staat', die Spann im Wintersemester
1919/20 zum ersten Male hielt. Von der ersten Stunde an war ich gefangen.
Jede kommende Vorlesung war für mich ein Erlebnis. Der Vortragende muß
mein glühendes Interesse auch bemerkt haben, denn bald schon rief er mich
zu sich und sagte: ,Sie sind der erste Theologe, der in meine Vorlesung kommt
und ich freue mich darüber. Ich interessiere mich sehr für die Scholastik und
wir können darüber vielleicht zu fruchtbarem Gedankenaustausch kommen*.
Ich war damals schon Priester und (altersbedingt) etwas reifer, was wohl der
Grund war, warum ich dem Professor auffiel.
Wir sind in den nächsten Jahren zu wirklich sehr fruchtbarem Gedankenaus-
tausch gekommen. Spann stand damals an der Wendung zur Scholastik, wollte
wissenschaftlich von mir als Theologen scholastische Formulierungen und von
mir als Priester und Mensch die katholische Haltung kennenlernen. So traf es