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Folgendes Beispiel möge unsere Einwendungen näher erklären.
Ein Kauf kommt nur zustande, wenn die Waren der Verkäufer bestimmte
Leistungen in dem wirtschaftlichen Gebilde der Käufer begründen. Ein Landwirt L /
erscheine als Käufer eines Arbeitspferdes auf dem Markte. Die Wertschätzung dieses
Käufers ist begründet durch die Größe der Leistung des Pferdes im Gebilde „Gutshof“.
Die W e r t s c h ä t z u n g
d e s
K ä u f e r s
i s t
a l s o
n i c h t
s u b j e k t i v b e s t i m m t , s o n d e r n h a t i h r e o b j e k t i v e n
G r ü n d e , hat objektive Prämissen im jeweiligen Gliederbau der Wirtschaft;
subjektiv ist nur die Feststellung, die Abschätzung, die Findung jener Gegebenheiten.
Keinesfalls herrscht hier Willkür oder souveräne Selbstbestimmung seitens des
Einzelnen. Anders liegt die Sache bei den Verkäufern der Pferde insoferne, als sie nur
in Erwartung eines Marktpreises erzeugen. Auch bei ihnen herrscht nicht subjektive
Willkür der Entschließung, sondern sie züchten Pferde mit dem Höchstaufwande, der
der Leistung der Pferde in den von ihnen versorgten Betrieben (ihrer Käufer) noch
entspricht. Andererseits haben sie, da ihre Pferde für sie nutzlos sind, nach schon
vollzogener Aufzucht nur die Wertschätzung gleich Null für ihre Ware (was auch allein
der Erklärungsgrund für die Möglichkeit starker Preisstürze und vollkommener
Entwertungen ist).
Unrichtig ist es daher, daß der Preis sich zwischen den „Grenzpaaren“, zwischen 5
und 6 nach unserem obigen Beispiele, bilden würde, selbst wenn man deren
Vorhandensein anerkennen würde. Im Vormerkbuche des Börsensensals finden sich
allerdings Preisbestimmungsfiguren, die den Formeln der Grenznutzenschule oft —
nicht immer! — ähneln. Der Preis kann dann zwischen 5 und 6 vom Sensal festgesetzt
werden. Doch darf man nicht übersehen: daß es sich dann um eine o r g a n i s i e r t e
P r e i s b i l d u n g handelt, nicht um einen freien Markt, da Käufer und Verkäufer
nach bestimmten Vorschriften ihre Aufträge abgeben und der Sensal nach bestimmten
Vorschriften (Reglements) die Zuteilungen und Preisentscheidungen vornimmt. Nur
durch diese o r g a n i s i e r t e Form der Preisbildung trifft es auch zu, daß hier
wirklich gegebene Waren, gegebene und festgelegte, das heißt aus dem Gang der
Wirtschaft in diesem Augenblicke losgelöste, isolierte Wertschätzungen (Aufträge) der
Käufer und Verkäufer vorliegen— eine Annahme, die aber nicht etwa die Wirklichkeit
des Marktes vereinfacht, wie die Grenznutzler meinen, sondern ihr grundsätzlich
widerspricht, da in der Wirklichkeit alles gegenseitig, alles im Fluß ist! — Auch bei
Versteigerungen handelt es sich um eine organisierte Preisbildung, obzwar hier der
wesentliche Unterschied obwaltet, daß die Wertschätzungen der Käufer nicht gegeben
und isoliert sind, sondern im Flusse bleiben.
Die Grundannahmen Mengers und Böhm-Bawerks sind ferner widerspruchsvoll,
s i n d n i c h t z u E n d e g e d a c h t . Das „Gesetz der Grenzpaare“ nimmt an,
daß spekulative Zurückhaltung der Ware nicht stattfindet, sondern jeder Käufer und
Verkäufer an seiner Wertschätzung festhält (ähnlich wie im Vormerkbuche des
Börsensensals die „Wertschätzungen“ der Käufer und Verkäufer in der Form der nach
Preis und Menge fest gegebenen Aufträge erscheinen!). Das bedeutet aber grundsätzlich
eine beharrende Wirtschaft, in der täglich 10 Käufer und 10 Verkäufer mit 10 Pferden
auf dem Markte erscheinen. Gerade unter dieser Annahme aber ist die Lösung Böhm-
Bawerks unmöglich! Wenn wir