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Ganzen der Gesellschaft in selbständige, innerlich zusammenhän-
gende Erscheinungskreise, „Teilinhalte“, oder, wie wir sie nennen
wollen, O b j e k t i v a t i o n s s y s t e m e an.
Ich wähle diesen allgemeineren Ausdruck, um so auch solche Ge-
bilde bezeichnen zu können, die zwar innerhalb der Gesellschaft ent-
stehen, aber in ihrem innersten Aufbau doch nicht s o z i a l e r
Natur sind und dementsprechend auch nicht eigentliche sozialwissen-
schaftliche Erforschung vertragen. So sind z. B. Kunst und Wissen-
schaft Gebilde, die auf dem ästhetischen und logischen A p r i o r i
beruhen, nicht aber auf rein sozialen Tätigkeiten, wie etwa die
„Wirtschaft“. Den Begriff des Objektivationssystems (— man denke
an: Wirtschaft, Recht, Familie usw. —) definiere ich näher so: Ob-
j e k t i v a t i o n s s y s t e m e s i n d S y s t e m e g l e i c h a r t i -
g e r H a n d l u n g e n d e r I n d i v i d u e n u n d d e r V e r -
h ä l t n i s s e , d i e s i c h d a b e i e r g e b e n .
Ich spreche von Systemen von H a n d l u n g e n , weil das pri-
märe Element jeder sozialen Erscheinung die menschliche Handlung
ist. Diese Auffassung ist nicht so fremdartig und neu, daß ich sie an
dieser Stelle begründen müßte; sie wird sich im Verlaufe der Unter-
suchung von selbst rechtfertigen. — Die Bezeichnung S y s t e m
von Handlungen will sagen, daß in den Objektivationssystemen ein
Geschehen systematisch, das heißt als innerlich zueinander gehöriges
und ineinandergreifendes zusammengefaßt ist. — System g l e i c h -
a r t i g e r Handlungen heißt dabei: auf dasselbe prinzipielle Ziel
gerichteter Handlungen, z. B. auf das wirtschaftliche Ziel, das reli-
giöse Ziel usw. Daß von Systemen „gleichartiger“ Handlungen ge-
sprochen wird, sagt also, daß in ein Objektivationssystem Handlun-
gen nur insofern gehören, als sie auf ein p r i n z i p i e l l g l e i -
c h e s Z i e l gerichtet sind, z. B. die wirtschaftlichen Handlungen,
sofern sie auf das Ziel der Güterversorgung gerichtet sind. — Von
V e r h ä l t n i s s e n , die sich zwischen den Handlungen der Indi-
viduen ergeben, spricht die Definition in folgendem Sinne: jedes In-
dividuum handelt zwar im letzten Grunde nur für sich; dadurch
aber, daß dieses Handeln ein Handeln Vieler ist und damit ein in-
einandergreifendes, aufeinander angewiesenes Handeln, entstehen
R e l a t i o n e n zwischen den miteinander verketteten Handlun-
gen, die sich in einem bestimmten Sinne verselbständigen. „Koope-