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mung zu den übrigen gesellschaftlichen Erscheinungen — besonders

zum Recht, zur Wirtschaft usw. — notwendig eingeschlossen ist.

Freilich wurden im organischen Staatsbegriff Staat und Gesellschaft

— Gesellschaft im Sinne der Gesamtheit der Erscheinungen inner-

halb des menschlichen Zusammenlebens — noch in unklarer Weise

identifiziert; so daß es dabei vielfach auf das Bestreben hinausläuft,

mittels des organischen Staatsbegriffes die ganze soziale Wirklichkeit

als ein einheitliches, organisches Ganzes zu begreifen. Aber dieser

Fehler (dessen sich ja auch die historische Schule der Nationalöko-

nomie schuldig macht) ist gerade ein Beweis für das zugrunde lie-

gende P r o b l e m der Verhältnisbestimmung des Objektes zu den

anderen Inhalten der Gesellschaft; er kann nur Vorkommen, wenn

dieses Problem ungenügend bearbeitet wurde. — Einen weiteren

hierher gehörigen Versuch begegnen wir in der von L o r e n z v o n

S t e i n u n d R o b e r t v o n M o h l vorgenommenen Ausschei-

dung einer „ G e s e l l s c h a f t s w i s s e n s c h a f t “ im engeren

Sinne aus den Staatswissenschaften. Indem die zwischen Staat und

Individuum liegenden genossenschaftlichen Verbindungen als „Ge-

sellschaft“ (im engeren Sinne) aus dem Objekte „Staat“ ausgeschieden

werden, liegt eben eine Verhältnisbestimmung dieser Gesellschaft

zum Staate und zu den übrigen Phänomenen vor, was übrigens schon

mit der Wendung: „zwischen Individuum und Staat liegend“ be-

zeichnet wird. — Endlich gehören hierher auch die unmittelbaren

Bestrebungen zu prinzipieller Einordnung der Staatswissenschaften

in den Kreis der Sozialwissenschaften, wie sie z. B. unter den Neue-

ren besonders bei J e l l i n e k zutage getreten sind

1

.

Gleichwie in der Nationalökonomie und in den Staatswissenschaf-

ten sehen wir auch von anderen Seiten her Bestrebungen, die auf

den Versuch der Verhältnisbestimmung der betreffenden wissen-

schaftlichen Objekte zum Ganzen der gesellschaftlichen Erscheinun-

gen hinauslaufen. So in der sogenannten Völker- oder Sozialpsycho-

logie, wie in der allgemeinen ethisch-philosophischen Untersuchung.

Hier treten diese Bestrebungen zwar nicht eigentlich als methodische

Reformbewegung auf, sondern zumeist als Bestrebungen zur Be-

gründung neuer Anschauungsweisen oder Disziplinen. Immerhin

aber ist ihr Charakter im Grunde methodischer Natur.

1

Georg Jellinek: Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl., Berlin 1905.