suche von Objektsbestimmungen, von Bestimmungen ihres Verhält-
nisses zum Ganzen der gesellschaftlichen Erscheinungen darstellen.
Der Streit zwischen N a t u r r e c h t u n d h i s t o r i s c h e r
S c h u l e der Jurisprudenz ist schon etwas derartiges: ob und in
welcher Weise Recht in abstracto — das heißt als seinem Begriffe
nach r e i n e r Teilinhalt gesellschaftlicher Erscheinungen — oder
Recht in concreto — das heißt als empirischer Teilinhalt — Gegen-
stand der theoretischen Wissenschaft zu sein hat. — Ferner ist die
Bildung und Durchführung des o r g a n i s c h e n S t a a t s b e -
g r i f f s hierher zu zählen. Hier begnügt man sich nicht mit einer
rein pragmatischen Beschreibung des Objekts der Wissenschaft, des
Staates, man will diesen nicht als Rechtsphänomen schlechthin be-
trachten, sondern als gesellschaftliches Phänomen, das z. B. die Funk-
tionen der Durchführung des Rechtes, des äußeren Schutzes der Ge-
meinschaft, der Förderung wirtschaftlicher Ziele usw. hat; damit ist
also der Versuch gemacht: das Objekt der Staatswissenschaft als ge-
sellschaftlichen Teilinhalt zu begreifen, worin eine Verhältnisbestim-
mung des Verhältnisses der Wirtschaft zu dem Ganzen der Gesellschaft zur Grund-
lage ihrer Definition des Objektes der Nationalökonomie genommen habe.
Besonders deutlich tritt das Problem sodann bei C a r l M e n g e r hervor.
Er sagt, über die methodischen Bestrebungen referierend: „Der Widerstreit der
Meinungen blieb nicht auf die formale Natur der Wahrheiten unserer Wissen-
schaft beschränkt. Während die einen die Nationalökonomie als die Wissenschaft
von den Gesetzen der , v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e n E r s c h e i n u n g e n '
bezeichneten, erkannten die anderen in dieser Auffassung eine ungebührliche Iso-
lierung einer besonderen Seite des Volkslebens.“ (Carl Menger: Untersuchungen
über die Methode der Sozialwissenschaften und der politischen Ökonomie ins-
besondere, Leipzig 1883, S. IX) Hier wird es besonders deutlich, wie im Mittel-
punkt des nationalökonomischen Methodenstreites das Problem der Bestimmung
des grundsätzlichen Verhältnisses Wirtschaft — Gesellschaft steht.
Allerdings muß auch gesagt werden, daß diese unsere Auffassung vom Wesen
des Methodenstreites nicht die allgemeine ist. Vielmehr wird dieser fast durchaus
als ein Streit um das Verhältnis von Induktion und Deduktion angesehen. So
sagt L e h r : „Die vielfach übliche Unterscheidung zwischen der historischen und
der abstrakten Schule bedeutet im Grunde genommen nichts anderes als einen
Gegensatz zwischen Deduktion und Induktion.“ (Julius Lehr: Grundbegriffe
und Grundlagen der Volkswirtschaft, Jena 1893, S. 24) — Auch S c h m o l l e r ,
W a g n e r , P h i l i p p o v i c h und andere huldigen dieser Auffassung. Vgl.
dagegen H e i n r i c h D i e t z e l : Artikel Selbstinteresse, in: Handwörterbuch
der Staatswissenschaften, Bd
6
, 2. Aufl., Jena 1900, S. 691 f.; und neuestens
F r i e d r i c h
v o n
G o t t l - O t t l i l i e n f e l d : Zur sozialwissenschaftlichen
Begriffsbildung, Umrisse einer Theorie des Individuellen, in: Archiv für Sozial-
wissenschaft und Sozialpolitik, Bd 23, Tübingen 1906, S. 404.
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