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Die allerwichtigsten Werke dieser Schule sind die folgenden:
Herbert Spencer:
A system of synthetic philosophy, 11 Bände, London 1862 bis 1896;
Descriptive sociology, 8 Bände, London 1873—87; Die Prinzipien der Soziologie, deutsch von
Benjamin Vetter, 4 Bände, Stuttgart 1877 ff. R e n e W o r m s : Organisme et societe, Paris
1896; La Sociologie, La nature, son contenu, les attaches, Paris 1921 (in diesem seinem
neuesten Werke schwenkt Worms, der früher schärfster „Organiker“ war, von der
biologischen Lehre ab), deutsch von Nellie Mombert, Karlsruhe 1926.
Albert Schäffle:
Bau und Leben des sozialen Körpers, 2. Auflage, 2 Bände, Stuttgart 1896,
war nur äußerlich Vertreter dieses Verfahrens, das er zuletzt in seinem Buch: Abriß der
Soziologie, herausgegeben von Karl Bücher, Tübingen 1906, ganz beiseite ließ; Schäffle war
im Anfange, wie die erste Auflage seines Werkes: Bau und Leben des sozialen Körpers,
Tübingen 1873, bezeugt, von Hegel beeinflußt. Er ist unter den älteren naturalistischen
Soziologen weitaus der fruchtbarste. — P a u l v o n L i l i e n f e l d : Gedanken über die
Sozialwissenschaft der Zukunft, 5 Bände, Mitau 1873 ff. Zur Verteidigung der organischen
Methode in der Soziologie, Berlin 1898. E m i l e W a x w e i l e r : Es- quisse d’une
Sociologie, Instituts Solvay, Brüssel und Leipzig 1906. Eine geläuterte Auffassung bei O t t o
G i e r k e : Das Wesen der menschlichen Verbände, Rektoratsrede, Berlin 1902.
Als eine Untergruppe der organischen Schule können jene Soziologen betrachtet werden,
denen der V e r t r a g u n d d a s R e c h t die kennzeichnende Eigenschaft des „sozialen
Körpers“ ist, was den wirren Begriff des
„Kontraktsorganismus"
ergibt (wirr, weil „Vertrag“
ein Gegensatz zum „Organismus“ ist); ferner den Begriff der „Solidarität“. Hierher gehören:
R o b e r t o A r d i g o : Sociologia, in: Opera filos, Band IV, 5. Auflage, Padua 1908.
A l f r e d F o u i l - l e e : La Science sociale contemporaine, 3. edition, Paris 1896.
G u i l l a u m e d e G r e e f : Les lois sociologiques, Paris 1893.
Gegen die biologisch-organische Schule,
die heute abstirbt, ist ein zahlreiches, aber
unzulängliches Schrifttum entstanden. Das Recht der organischen Schule besteht in dem
großen Grundgedanken des organischen (statt mechanischen) Zusammenhanges aller Teile
der Gesellschaft, darin, daß das Ganze über den Teil geht, logisch vor dem Teil ist. Ihr
Unrecht liegt, wie wir schon hervorhoben, in der Auffassung des Organismus als eines
Inbegriffs chemisch-physikalischer Vorgänge, einer Häufung von mechanischem
Einzelgeschehen, wie sie damals üblich war
1
. Indem die biologische Schule den
„Zusammenhang der Teile der Gesellschaft“ wieder als mechanische naturgesetzliche
Wirkung der Individuen aufeinander, als „Wechselwirkung der Individuen“ faßte, blieben
die einzelnen Menschen als s e l b s t ä n d i g e Teile („Einheiten“, „Zellen“) des „sozialen
Körpers“ übrig und der große Gedanke des Organischen, des Gesamtganzen, aus dem doch
die Teile (Zellen) erst zu gebären wären, verdunkelte sich oder entschwand gänzlich.
S c h r i f t t u m :
C e l e s t i n B o u g l e : Les Sciences sociales en Allemagne, Paris 1896, Seite 5 ff. und
öfter. G a b r i e l T a r d e : La theorie organique des societes, in: Annales de l’institut
international de Sociologie, Paris 1898. F r a n k l i n H e n r y G i d d i n g s : Principles of
Sociology, New York and London 1896, Seite 420 und öfter. T h e o d o r
K i s t i a k o w s k i : Gesellschaft / und Einzelwesen, Kapitel I und II, Berlin 1899. P a u l
B a r t h : Unrecht und Recht der organi-
1
Siehe unten S. 46, 69 f. und 181 ff.