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III. Die physikalisch-mechanische Schule

Diese Schule geht gleichfalls von Comte aus, der ja neben dem

biologischen auch das mechanische Element der Betrachtung pflegte.

Comte unterschied, wie wir erwähnten

1

, die „soziale Physik“ in eine

„soziale Statik“ und „soziale Dynamik“. Demgemäß versuchte man, die

Gesellschaft tatsächlich als Mechanismus zu betrachten, das heißt sie nach

mechanischer und mathematischer Analogie zu untersuchen, indem man

Begriffe wie „Statik“ und „Dynamik“ anwendete und darauf gründend ein

mathematisches Verfahren auszubilden strebte.

/

Vergleiche L a m b e r t A d o l p h e J a c q u e s Q u e t e l e t : Essai de physique

sociale, Brüssel 1835, deutsch von Valentine Dorn, Jena 1921 (= Sammlung

sozialwissenschaftlicher Meister, Band 20). S i m o n N i l s o n P a t t e n : The Theory of

social forces, Philadelphia 1893. L e o n W i n i a r s k y : Essai sur la mecanique sociale, in:

Revue philosophique, Paris 1898. Zugleich der oben

2

genannte L e s t e r F . W a r d . Auch

die Volkswirte der mathematischen Schule A u g u s t i n e C o u r n o t , L e o n

W a l r a s ,

V i l f r e d o

P a r e t o ,

J o h n

B a t e s

C l a r k ,

J o s e p h

S c h u m p e t e r , E n r i c o B a r o n e , G u s t a v C a s s e l , die zum Teil selbst

soziologisch hervortraten, sind hierher zu rechnen.

Vilfredo Pareto:

Trattato di Sociologia generale, 2 Bände, Florenz 1916. Pareto will mit

aller Metaphysik aufräumen und eine „ e x p e r i m e n t e l l e S o z i o l o g i e “ schaffen,

geht allerdings auch psychologisch, nicht nur mechanisch vor. Er ist im letzten Grunde auf die

materialistische Geschichtsauffassung Marxens eingestellt (also mechanistisch), sucht aber an

die Stelle der Lehre vom „Überbau und Unterbau“ jene von „Überbleibseln“ (Residuen) und

„Ableitungen“ (Derivaten) zu setzen. Die Überbleibsel aus tierischer Urzeit, vor allem die

Triebe, sollen wohl das I r r a t i o n a l e in der Geschichte retten gegenüber Marxens

lediglich wirtschaftlich-rationalem Entwicklungsgange, wie ihn der Begriff des „Unterbaues“

und das bloß mechanisch wirkende „Gesetz der Konzentration des Kapitals“ darstellen;

ähnlich Paretos Lehre von der „circulation des elites“, das ist dem Auf und Ab der jeweils

herrschenden Klassen. — Paretos soziologische Untersuchung ist geradezu abschreckend

naturalistisch und in einer Weise primitiv, wie man das bei einem berühmten Schriftsteller

nicht für möglich halten sollte. Erklärlich ist das nur dadurch, daß Westeuropa noch ganz im

Erkenntnisideal der Aufklärung lebt. Vergleiche R o b e r t M i c h e l s : Elemente zur

Soziologie in Italien, in: Kölner Vierteljahrshefte für Soziologie, III. Jahrgang, Köln 1924, und

G e o r g e s H . B o u s q u e t : Grundriß der Soziologie nach Vilfredo Pareto mit einer

Einleitung von Gottfried Salomon, Karlsruhe 1926.

Der mechanischen Richtung verwandt ist ferner E m i l e D u r k h e i m : L e s regles de

la methode sociologique, 1. Auflage, Paris 1895, deutsche Ausgabe nach der 4. Auflage,

Leipzig 1908 (= Philosophisch-soziologische Bücherei,

1

Siehe oben S. 23.

2

Siehe S. 26.