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g e m e i n e Theorie des Sozialen aufzustellen, geht somit schon

u n m i t t e l b a r auf das Problem des Gesellschaftsbegriffes. Dies

sei an Comte, Spencer und Schäffle kurz erläutert

1

. Nach der Auf-

fassung A u g u s t e C o m t e s stellt die Soziologie eine All-Sozial-

wissenschaft dar, deren Differenzierungen oder Unterabteilungen die

sozialen Einzeldisziplinen sind. Demgemäß können die Sozialwis-

senschaften nur als G a n z e s bearbeitet werden. Bei H e r b e r t

S p e n c e r sodann erscheinen die sozialen Einzelwissenschaften

zwar auch nur als die herausdifferenzierten T e i l e der Soziologie,

aber diese ist bereits eine ü b e r den Teilwissenschaften stehende

selbständige, allgemeinste Wissenschaft, während jene Teildisziplinen

gleichfalls schon selbständige, koordinierte Lehrsysteme darstellen.

In beiden Fällen — bei Comte und Spencer — stellt somit die So-

ziologie eine Lehre vor, die nicht nur schlechthin als vergleichende,

zusammenfassende Bearbeitung der einzelnen Gebiete erscheint,

sondern d a m i t bereits grundsätzlich und ihrem Sinne nach ein

Mehr, ein ihr als selbständiger Lehre e i g e n t ü m l i c h e s Pro-

blem enthalten muß: eine allgemeine Theorie des Sozialen. — So

hat auch A l b e r t S c h ä f f l e die Soziologie als „Philosophie der

besonderen Sozialwissenschaften“ bestimmt und ihr folgende zwei

Hauptaufgaben zugewiesen: erstens E i n h e i t in die weit getrie-

bene Vereinzelung und Zerstückelung der Forschung in Spezialdiszi-

plinen zu bringen, zweitens aber die e i n f a c h e n a l l g e m e i -

n e n G r u n d e r s c h e i n u n g e n des sozialen Lebens, die allen

einzelnen sozialen Teil- oder Organsystemen gemeinsam sind, auf-

zusuchen und zu untersuchen

2

. Es ist deutlich, wie es unmöglich

war, bei der Bestimmung der ersten Aufgabe — vergleichende und

zusammenfassende Bearbeitung — stehen zu bleiben: Von der For-

derung s y s t e m a t i s c h e r Vereinheitlichung des sozialwissen-

schaftlichen Lehrgebäudes mußte naturgemäß zur Forderung t h e o -

r e t i s c h e r Vereinheitlichung desselben fortgeschritten werden.

So ist es also stets die selbständige Betrachtung des Einfachen und

1

Weitere dogmenkritische Nachweisungen hierüber siehe im ersten Artikel

meiner Abhandlung: Untersuchungen über den Gesellschaftsbegriff, in: Zeit-

schrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd 59, Tübingen 1903, S. 583—589.

2

Vgl. Albert Schäffle: Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd 1, 2. Aufl.,

Tübingen 1896, S. 1 ff. und 52 ff.; Die Notwendigkeit exakt entwicklungs-

geschichtlicher Erklärung unserer Landwirtschaftsbedrängnis, in: Zeitschrift für

die gesamte Staatswissenschaft, Bd 59, Tübingen 1903, S. 294 ff.

11 Wirtschaft und Gesellschaft