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grundsätzlich sondergestellte. Indem das Soziale als eine Welt tele-

ologisch, nicht kausal verknüpfter Erscheinungen aufgefaßt wird, ist

es die R i c h t u n g d e r G e d a n k e n , d i e l o g i s c h e T a t

d e s V e r s t a n d e s , welche die vollständige Sonderstellung der

Sozialwissenschaft von aller kausalen Wissenschaft begründet. Die

Begründer dieser Auffassung, die wir zuerst darzustellen und zu

prüfen haben, sind R u d o l f S t a m m l e r u n d P a u l N a t o r p .

III.

Die erkenntnistheoretische Auffassung

(Stammler und Natorp)

A. Rudolf Stammler

1

Die Lehre Rudolf Stammlers unterscheidet sich von jeder anderen

sozialwissenschaftlichen Methodenlehre grundsätzlich dadurch, daß

sie eine neue erkenntnistheoretische Auffassung des Gegenstandes

der Sozialwissenschaften, nämlich eine eigenartige, im Geiste Kantens

unternommene Fundierung der Sozialwissenschaft auf das t e l e -

o l o g i s c h e Erkenntnisprinzip darzustellen beansprucht. Daher

ist bei Beurteilung und Darstellung Stammlers stets zweierlei mög-

lichst auseinanderzuhalten: die erkenntnistheoretische Grundlage

1

Rudolf Stammler: Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Ge-

schichtsauffassung, Eine sozialphilosophische Untersuchung, Leipzig 1896, 5. Aufl.,

Berlin 1924 (die obigen Zitate nach der ersten Auflage); Die Lehre von dem

richtigen Rechte, Berlin 1902; Materialistische Geschichtsauffassung und Recht,

in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd 5, 2. Aufl., Jena 1900, S. 731 ff.;

eine ganz knappe Zusammenfassung seiner Lehre bietet Stammler in dem Vor-

trage: Die Gesetzmäßigkeit in Rechtsordnung und Volkswirtschaft, in: Jahrbuch

der Gehe-Stiftung, Bd 8, Heft 6, Dresden 1902.

Von Schriftstellern, die für Stammler eingetreten sind, sind zu nennen: K a r l

V o r l ä n d e r , in: Kant-Studien, herausgegeben von Hans Vaihinger, Bd 1,

Berlin 1896, S. 197 ff., Bd 8, Berlin 1903, S. 329 ff.; W i l h e l m E d u a r d

B i e r m a n n : Wilhelm Wundt und die Logik der Sozialwissenschaften, in:

Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jg 41, Jena 1903, S. 50 ff.;

K a r l D i e h l : Wirtschaft und Recht, in: Jahrbücher für Nationalökonomie

und Statistik, Jg 35, Jena 1897, S. 813 f.; A l b e r t H e s s e : Der Begriff der

Gesellschaft in Herbert Spencers Soziologie, in: Jahrbücher für Nationalökono-

mie und Statistik, Jg 39, Jena 1901, S. 737 ff.; Natur und Gesellschaft, Jena 1904;

R o b e r t v o n E r d b e r g : Die Wohlfahrtspflege, Berlin 1903.

Eine v e r m i t t e l n d e Stellung nimmt ein: W e r n e r S o m b a r t : Der

moderne Kapitalismus, Bd 1, Leipzig 1902, S. X ff. Sombart entscheidet sich

zwar für die k a u s a l e Gruppierung des Stoffes der Sozialwissenschaft, aber