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heißt es bei Knies weiter, „daß alle besonderen Bezirke der Volks-
wirtschaft untereinander in einem auf die Haltung und den Cha-
rakter der Gesamtwirtschaft als auf ihre Erklärung hinweisenden
Zusammenhang stehen, sondern eben dieses Ganze steht auch
seinerseits in enger Verbindung mit dem Gesamtleben des Volkes.
Auf d i e s e V e r b i n d u n g w i r d m a n i m m e r w i e d e r
h i n g e w i e s e n , s o o f t m a n s i c h d i e F r a g e n a c h
d e n U r s a c h e n v o r l e g t , a u s d e n e n d i e w i r t -
s c h a f t l i c h e n Z u s t ä n d e h e r v o r g e w a c h s e n sind...“
1
Ferner: „Die Volkswirtschaftslehre ist keine Wissenschaft, in welcher
es nur a u f . . . ein . . . sicheres Axiom als Ausgangspunkt ankommt
. .. (sie hat) grundsätzlich die in der Erfahrung des wirklichen Le-
bens hervorgetretene Wirtschaft aller Völker und Zeiten als das
gegebene Untersuchungsgebiet anzuerkennen, welches in keiner
Weise durch ein Erzeugnis auf sich selbst gestellter begrifflicher Ab-
straktion ersetzt werden kann. Für den Nationalökonomen ist
daher die Befragung der Geschichte nicht etwas Akzessorisches...
sondern sie steht mitten in seinem eigensten Beruf.“
2
R o s c h e r hat wieder in anderer Weise die Isolierung des Wirt-
schaftlichen vom übrigen Gesellschaftlichen, die die Klassiker auf
Grund der Abstraktion einer reinen, eigennützigen Wirtschaft voll-
zogen, angegriffen. Er wollte vor allem den Begriff der Wirtschaft
auf eine weitere Grundlage stellen:
Der Wirtschaft „liegen regelmäßig zwei geistige Triebfedern zugrunde. Zuerst
der E i g e n n u t z . . . welcher sich positiv in dem Streben äußert, möglichst viele
Güter zu gewinnen, negativ in dem Streben, möglichst wenige Güter zu verlie-
ren: Erwerbstrieb, Sparsamkeit... Sodann aber die Forderung der Stimme Got-
tes in uns, des G e w i s s e n s [Gemeinsinn]..
.“
3
Die Volkswirtschaftslehre ist
1
Karl Knies: Die politische Ökonomie vom geschichtlichen Standpunkte,
Braunschweig 1883, S. 142 (im Original nicht gesperrt).
2
Karl Knies: Die politische Ökonomie vom geschichtlichen Standpunkte,
Braunschweig 1883, S. 162. Vgl. ferner S. 4,
8
f. und 516 ff., wo Knies die Folge-
rung ablehnt, daß die Nationalökonomie sich zur einheitlichen Gesellschaftswis-
senschaft erweitern müsse.
3
Wilhelm Georg Friedrich Roscher: System der Volkswirtschaft, 5 Bde, Leip-
zig 1854 ff., Bd 1: Grundlagen der Nationalökonomie, 22. Aufl., Stuttgart 1897,
S. 26; Grundriß zu Vorlesungen über die Staatswirtschaft nach geschichtlicher
Methode, Göttingen 1843, S. 3.
Die Behandlung Roschers kann sich hier um so kürzer fassen, als Max We-
ber (Roscher und Knies und die logischen Probleme der Nationalökonomie,
1. Artikel, in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volks-